Das Bildhafte der Kinderkreuzwege spricht Kinder im Herzen an
Viele Kirchengemeinden im Raum Backnang organisieren Kinderkreuzwege und versuchen so, die Leidensgeschichte Jesu auf kindgerechte Art und Weise zu vermitteln. Der Schwerpunkt der Verkündigung liegt dabei nicht auf der grausamen Passion, sondern auf der frohen Osterbotschaft.
Von Matthias Nothstein
Weissach im Tal/Auenwald/Aspach. Die Leidensgeschichte Jesu, das ist harter Tobak. Auspeitschen, Dornenkrone, ans Kreuz nageln, sterben – ein Spielfilm mit solch einem Drehbuch würde vermutlich als Altersempfehlung die FSK 18 erhalten, „keine Jugendfreigabe“. Die christlichen Kirchen jedoch möchten das Leiden und Sterben des Jesus von Nazareth allen ins Gedächtnis rufen. Aber wie geht dies kindgerecht? Die Kinderkreuzwege, die seit den 1990er-Jahren immer mehr Verbreitung finden, versuchen, die Handlung so zu vermitteln, dass für Kinder und Jugendliche der Schwerpunkt der Botschaft auf der Hoffnung liegt, indem nämlich schon am Karfreitag der Blick auf Ostern gerichtet ist, auf die Auferstehung Jesu und die Hoffnung auf ein Leben nach dem Tod.
Die Kinderkreuzwege unterscheiden sich von den tieftraurigen Karfreitagsgottesdiensten der Protestanten und der schmerzvollen Liturgie der Katholiken zumindest äußerlich grundlegend. Im Mittelpunkt steht zwar auch die Passion Christi, aber die notwendigen Informationen dazu werden auf eine kindgerechte Weise transportiert, ohne die Gräuel besonders zu betonen.
Die Anfänge dieser Kinderkreuzwege im Raum Backnang gehen vermutlich auf die katholische Kirchengemeinde Ebersberg zurück. Es heißt, dass dort „schon seit Menschengedenken“ ein Kinderkreuzweg organisiert wurde, ganz sicher aber schon in den 1990er-Jahren. Etwa 1998 kam auch die evangelische Kirchengemeinde Lippoldsweiler dazu. Ute Blazek, die Frau des Pastoralreferenten Thomas Blazek, und immer wieder auch Mütter von Kommunionkindern hauchten der Tradition Jahr für Jahr Leben ein. Bis zu 60 Kinder und ihre Begleiter gingen jedes Jahr miteinander den Weg vom Gemeindehaus Hohnweiler durch die Weinberge zum Ebersberg hinauf. Thematisch geht es los mit dem Einzug Jesu in Jerusalem. Danach werden die Leidensstationen Christi bis zur Kreuzigung dargestellt.
Ökumenische Feier zum Kinderkreuzweg ist für die Macher selbstverständlich
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Seit dem Wegzug von Familie Blazek liegt die Tradition weitgehend in evangelischer Hand. Allerdings berichtet Pfarrerin Renate Dinda: „Die von uns verwendeten Texte und Bilder wurden von Ute Blazek erstellt und vom evangelischen Kinderkirchteam – gegenwärtig bestehend aus Inge Berlin, Gabi Bauer, Ines Eißler, Petra Glaser und Pia Weimann – übernommen.“ Die beiden Konfessionen arbeiten beim Kinderkreuzweg eng zusammen. Das hängt auch damit zusammen, dass die Kinder gemeinsam Religionsunterricht haben. Die katholischen Kinder nehmen im Gaststatus am evangelischen Religionsunterricht teil. Dinda: „Da ist es selbstverständlich, dass wir diesen Kinderkreuzweg gemeinsam feiern.“
Für Pfarrerin Dinda ist der Kinderkreuzweg sehr wichtig bei der Vermittlung der Osterbotschaft: „Die Kinder nehmen die Handlung mit dem Herzen auf. Sie können das Bildliche viel besser verstehen als nur die Geschichten.“ Und auch Pia Weimann, die schon seit den frühesten Anfängen mit dabei ist, berichtet: „Es ist jedes Jahr sehr schön, zu sehen, wie die Kinder mit Eifer dabei sind und welch schönes Gemeinschaftsgefühl dabei entsteht. Und es ist beeindruckend, wie still es zuweilen zwischen den Stationen ist, obwohl sehr viele Kinder auf dem Kreuzweg unterwegs sind.“
Die Symbolik spielt eine große Rolle. Da gibt es ein großes Holzkreuz, das die Kinder abwechselnd von Station zu Station tragen, und eine Laterne mit einer brennenden Kerze. Wenn diese Kerze als Symbol für Jesu Tod ausgeblasen wird, ist es ruhig im weiten Rund. Alle Kinder erhalten dann noch ein auf einen Tonkarton gedrucktes Gebet mit einem violetten Seidenband und gehen dann voller Anregungen nach Hause.
Die schöne Erfahrung, dass Kinder durch das Bildhafte im Herzen erreicht werden können, steckte an. In Aspach hat das Team der katholischen Kinderkirche um Claudia Berr und Gabriele Nothstein zusammen mit Pfarrer Frank Schöpe und der evangelischen Pfarrerin Charlotte Altenmüller kurz nach der Jahrtausendwende ebenfalls einen Kinderkreuzweg aus der Taufe gehoben. Als das Pfarrerehepaar Kaschler 2013 die Pfarrstelle in Großaspach übernahm, war es für Irmgard Kaschler selbstverständlich, die intensive ökumenische Zusammenarbeit weiterzuführen, zumal auch von katholischer Seite aus das aktuelle Team um Hannah Nothstein und Diakon Werner Trefz den Kreuzweg mit unverändertem Engagement weiterführt. Der Kinderkreuzweg führt von der katholischen St.-Josefs-Kirche über sieben Stationen, an denen jeweils eine Episode der Leidensgeschichte von den Darstellern aufgeführt wird, durch Großaspach zum evangelischen Gemeindehaus. Für Pfarrerin Kaschler ist wichtig, dass trotz des düsteren Todes Jesu der Ausblick auf Ostern nicht zu kurz kommt. Dadurch, dass versucht wird, das Sterben Jesu auf kindgerechte Weise darzustellen, soll zweierlei erreicht werden: Einerseits sollen der Tod und die Gewalt nicht verharmlost werden, andererseits sollen die Kinder auch nicht überfordert werden. Für sie ist es jedes Jahr ein bewegender Moment, wenn als Symbol des Sterbens die Kerze ausgeblasen wird, die zuvor in einer Laterne zusammen mit dem Kreuz von den Kindern durch den Ort getragen wurde. Wenn dann im Anschluss bis zu 100 Kinder im Gemeindehaus eine Erinnerung basteln, etwa ein Holzkreuz mit Perlen verzieren oder einen gebastelten Hahn mit bunten Federn ausstatten, wird es oft sehr ruhig. Kaschler weiß dann, warum: „Kinder verstehen etwas oft besser, wenn sie es mit den Händen machen können.“
Backnang Um 10.30 Uhr findet in der katholischen Christkönigskirche für Familien und Kinder ein Kinderkreuzweg statt. Gemeinsam wird an die letzten Stunden Jesu und an seinen Tod erinnert. Damit sich die Teilnehmer richtig einfühlen können, wird ein kleines Schauspiel vorgetragen. Die Kinder und ihre Begleiter sollen für die Kreuzverehrung eine Blume mitbringen.
Lippoldsweiler/Hohnweiler Alle Kinder und ihre Familien sind zum ökumenischen Kinderkreuzweg der evangelischen Kirchengemeinde Lippoldsweiler und der katholischen Kirchengemeinde Ebersberg eingeladen. Der Kreuzweg beginnt um 10.30 Uhr am evangelischen Gemeindehaus in Hohnweiler. Der Weg führt durch die Obstwiesen zur Ebersberger Kirche. An verschiedenen Stationen können die Teilnehmer erahnen, wie es Jesus in seinen letzten Stunden wohl ergangen ist.
Unterweissach Der Kinderkreuzweg der katholischen Seelsorgeeinheit Weissacher Tal ist für Kinder ab der 2. Klasse gedacht. Er beginnt um 11 Uhr in der katholischen Kirche zur heiligsten Dreifaltigkeit in Unterweissach. Organisiert wird der Kreuzweg vom Kinderkirche-Team Kirchenmäuse.
Großaspach Der ökumenische Kinderkreuzweg der evangelischen Kirchengemeinde Aspach und der katholischen Kirchengemeinde Aspach/Oppenweiler beginnt um 9.30 Uhr in der katholischen St.-Josefs-Kirche Großaspach an der Ecke Eichendorffstraße/Kernerstraße. Im Anschluss geht die Prozession durch die Gemeinde zum evangelischen Gemeindehaus, wo der Kreuzweg mit einer kurzen Andacht endet. Es schließt sich eine Bastelaktion zum Thema Karfreitag und Ostern an.
Sulzbach/Murrhardt Der Kinderkreuzweg der Seelsorgeeinheit Oberes Murrtal beginnt um 10 Uhr vor dem Paulussaal der katholischen Kirche in Sulzbach an der Murr. Von dort geht es zum Friedhof, wo verschiedene Stationen aufgebaut sind, sodass jede Familie für sich den Kreuzweg erleben kann.