Fastenbrechen in der Eyüp-Sultan-Moschee in Backnang
Muslime in aller Welt begehen zurzeit den Fastenmonat Ramadan. In Backnang versammeln sich die Gläubigen an den Wochenenden zum gemeinsamen Fastenbrechen in den Räumen der Eyüp-Sultan-Moschee. Auch Nichtmuslime sind dabei willkommen.
Von Kornelius Fritz
Backnang. Um kurz nach 18 Uhr herrscht in den Räumen der türkisch-islamischen Gemeinde in Backnang geschäftige Betriebsamkeit. Junge Männer schneiden große Fladenbrote in Stücke und portionieren süßes Baklava auf Pappteller. Probieren dürfen sie davon aber nichts, denn noch hat die Dämmerung nicht eingesetzt. Mustafa Gül holt sein Handy aus der Tasche und öffnet eine Ramadan-App, in der der Countdown herunterläuft: Noch 43 Minuten und 17 Sekunden bis zum Fastenbrechen.
Die Essensausgabe beginnt aber schon früher und ist gut durchorganisiert. Die Gäste reihen sich in eine Schlange ein und nehmen sich ein Blechtablett mit mehreren Vertiefungen. Helfer befüllen diese mit Linsensuppe, Bulgur, scharf gewürztem Hühnerfleisch und Tomatensalat. Zum Schluss gibt es noch für jeden eine Dattel. Mehr als 300 Portionen gehen an diesem Abend über den Tresen. Frauen und Männer essen in verschiedenen Räumen. Der Koch ist extra für den Ramadan aus der Türkei angereist. Die Religionsbehörde Diyanet organisiert das für die Gemeinden in Deutschland.
Wer morgens noch etwas essen
möchte, muss früh aufstehen
Genau um 18.46 Uhr greift der Imam Abdullah Ercan zum Mikrofon und stimmt auf Türkisch einen Gesang und ein Gebet an. Es ist das Signal für die Gläubigen, dass das Fasten für heute vorbei ist. Als Erstes greifen sie traditionell zur Dattel. „Das ist vom Propheten Mohammed so überliefert“, erklärt Mustafa Gül.
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Den Fastenmonat Ramadan einzuhalten, ist den Gemeindemitgliedern wichtig. „Das sind heilige Tage, wir freuen uns darauf“, sagt Ebubekir Yaliniz, der ebenfalls zum Vorstand gehört. Von Sonnenaufgang bis Sonnenuntergang nichts zu essen und zu trinken, fällt ihm nur in den ersten Tagen schwer: „Der Körper gewöhnt sich daran.“ Wobei das auch von der Jahreszeit abhängt: Weil sich der Zeitpunkt des Fastenmonats nach dem islamischen Mondkalender richtet, verschiebt sich der Ramadan von Jahr zu Jahr und kann auch mal in den Hochsommer fallen. „Dann ist es natürlich schwieriger, geht aber auch“, sagt Yaliniz. Früher habe er sogar Fußball gespielt, ohne zu trinken. „Da habe ich dann am Abend zwei große Flaschen Wasser getrunken.“
Dieses Jahr sind die Herausforderungen für die Fastenden vergleichsweise moderat. Die Morgendämmerung beginnt gegen halb sechs. Viele Muslime stellen sich den Wecker, um davor noch zu frühstücken. „Für mich passt das ganz gut, weil ich sowieso früh zur Arbeit gehe“, erzählt Yaliniz, der in der Produktion beim Briefkastenhersteller Renz in Kirchberg an der Murr arbeitet. Am Wochenende legt er sich nach dem Frühstück noch mal hin. Auf Vorrat zu essen ist nach seiner Erfahrung aber schwierig: „Ich kann nicht mehr essen als sonst, weil ich gar nicht so viel Hunger habe.“
In einem Zelt im Hof der Moschee steht eine Gruppe junge Männer und raucht. „Das ist die Krönung des Tages“, sagt Bayram Demir und lacht. Der Verzicht auf Nikotin und Kaffee fällt dem 36-Jährigen im Ramadan besonders schwer. Dafür gönnt er sich abends auch mal eine Zigarette mehr. Abgesehen von der religiösen Bedeutung spürt er auch positive körperliche Auswirkungen durch das Intervallfasten: „Der Körper reinigt sich. Ich fühle mich in dieser Zeit viel fitter.“ Güngör Duran kann das bestätigen. Sein Vater sei Diabetiker, erzählt er. Nach dem Ramadan seien dessen Blutwerte immer am besten. „Das Fasten hilft auch der Gesundheit“, ist Duran überzeugt.
Inzwischen ist es nach 20 Uhr und die Räume in der Backnanger Moschee haben sich geleert. Nach dem Abendgebet zieht es die meisten Leute nach Hause, denn schon in wenigen Stunden klingelt bei ihnen wieder der Wecker für das Frühstück.
Bedeutung Der Ramadan ist eine der fünf Säulen des Islam. Er erinnert an die Offenbarung des Korans durch den Erzengel Gabriel an den Propheten Mohammed. Der Fastenmonat ist eine Zeit der Besinnung. Er soll den Gläubigen auch zeigen, dass Nahrung nicht selbstverständlich ist. Er endet mit dem Zuckerfest, das dieses Jahr am 9. April stattfindet.
Regeln 30 Tage lang dürfen Muslime von Beginn der Morgendämmerung bis zum Sonnenuntergang nichts essen und trinken, auch rauchen und Sex sind verboten. Viele Muslime beschäftigen sich in dieser Zeit intensiver als sonst mit ihrem Glauben. Beim Nachtgebet verbeugen sie sich 33-mal in Richtung Mekka, normalerweise sind es nur 13 Verbeugungen.
Ausnahmen „Der Körper darf durch das Fasten nicht geschädigt werden“, erklärt Mustafa Gül. Alte, Kranke und Schwangere müssen daher nicht fasten. Auch wer harte körperliche Arbeit leistet oder auf Reisen ist, kann darauf verzichten. Sie können die Fastenzeit zu einem späteren Zeitpunkt nachholen oder stattdessen für Bedürftige spenden.