Amtsgericht Backnang: Im Darknet Psychopharmaka bestellt

37-Jähriger erhält vom Amtsgericht Backnang Bewährungsstrafe mit Auflagen wegen Urkundenfälschung und des Besitzes verbotener Waffen.

Neben Urkundenfälschung und Waffenbesitz hat der Angeklagte auch Psychopharmaka im Darknet bestellt. Symbolfoto: Yahoes/stock.adobe.de

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Neben Urkundenfälschung und Waffenbesitz hat der Angeklagte auch Psychopharmaka im Darknet bestellt. Symbolfoto: Yahoes/stock.adobe.de

Von Jutta Rieger-Ehrmann

Backnang. Einem 37-jährigen Angeklagten ist in einer Verhandlung am Amtsgericht Backnang eine ganze Reihe an Taten vorgeworfen worden: Urkundenfälschung in 24 Fällen, unerlaubte Einfuhr von Medikamenten und Betäubungsmitteln sowie der Besitz verbotener Waffen, unter anderem von Faustmessern. Er habe mehrere gefälschte Rezepte in Apotheken eingelöst und im Darknet verschiedene Psychopharmaka im Ausland bestellt.

Über seinen Rechtsbeistand ließ er das Gericht wissen, dass er die Vorwürfe vollumfänglich einräume. Dadurch konnte der Prozess verkürzt und auf die Aussage einer Zeugin verzichtet werden. Im Zeugenstand sagte sodann ein Polizeihauptkommissar des Polizeireviers Waiblingen aus, der zur Unterstützung der Hausdurchsuchung bei dem Angeklagten im Einsatz war.

Dabei wurden ein Kasten mit Rezepten und zahlreiche Briefumschläge für die Lieferung der Bestellungen im Ausland gefunden. Der 37-Jährige habe elfmal im Darknet bestellt und mit der Kryptowährung Bitcoin bezahlt. Die Wohnung sei in einem unordentlichen Zustand gewesen.

Die weiteren Ermittlungen führten Kolleginnen und Kollegen einer anderen Dienststelle. Diese dauern aktuell noch an. Dabei gehe es auch um den Handel mit Medikamenten und Betäubungsmitteln. Der Angeklagte beteuerte, die Substanzen, später auch Amphetamine, nur für den Eigenbedarf gebraucht zu haben, vor allem wegen seiner Schmerzen.

Schon seit seinem 14. Lebensjahr konsumiere er Drogen.

Insgesamt machte der 37-Jährige ausführliche Angaben zu seinen persönlichen Verhältnissen. Er sei in einer Backnanger Umlandgemeinde bei den Eltern aufgewachsen und habe zwei Geschwister. Nach seiner Mittleren Reife habe er wie sein Vater eine technische Ausbildung begonnen, musste diese jedoch wegen einer Allergie abbrechen. Nach dem Tod seines Vaters, den er auch eine Zeit lang gepflegt hatte, habe sich seine Sucht verstärkt. Auch habe er den Verlust von Freunden schwer verkraftet. Er beziehe Bürgergeld und lebe allein in einer Wohnung seiner Mutter. Kinder habe er keine. Größere Schulden auch nicht. Schon seit seinem 14. Lebensjahr konsumiere er Drogen, substituiere aber inzwischen bei einem Arzt in der Region. Aufgrund all dieser Verwerfungen habe er auch eine Umschulung abgebrochen und stattdessen einige Jobs angenommen.

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Der letzte liege jedoch schon zirka zehn Jahre zurück, bestätigte der Angeklagte auf Nachfrage des Vorsitzenden Richters, der daraufhin wissen wollte: „Was machen Sie denn dann den ganzen Tag?“ Er bilde sich weiter, vor allem online. Umso wichtiger sei in Zukunft eine geordnete Tagesstruktur. Für den Einstieg in den Arbeitsmarkt wäre auch ein Minijob denkbar, so der Richter.

Der Angeklagte hat bereits mehrere Vorstrafen

Der Blick in das Bundeszentralregister ergab drei Einträge, darunter auch einschlägige. Mit Zustimmung der Staatsanwältin wurden die Tatbestände „unerlaubte Einführung“ unter dem Anklagepunkt „unerlaubter Erwerb“ zusammengefasst. Die Staatsanwältin plädierte für eine Gesamtstrafe von elf Monaten, die zur Bewährung ausgesetzt werden könne. Für den Angeklagten spreche sein Geständnis. Zudem habe er einen einsichtigen Eindruck gemacht und familiäre Bindungen seien vorhanden. Negativ wirkten sich allerdings seine Vorstrafen und mangelnden Perspektiven aus. Daher müsse eine Bewährung an Auflagen geknüpft werden. Zudem habe der 37-Jährige 120 Arbeitsstunden abzuleisten und die Kosten des Verfahrens zu tragen. Der Rechtsanwalt kam auf eine Gesamtstrafe von neun Monaten mit einer Bewährungszeit von zwei Jahren, inklusive Bewährungshelfer und Arbeitsauflagen.

Letztendlich lautete das Urteil: Freiheitsstrafe von zehn Monaten mit einer Bewährungszeit von zwei Jahren und der Unterstützung eines Bewährungshelfers sowie weitere Auflagen. Innerhalb von acht Monaten habe der 37-Jährige 120 Stunden gemeinnütziger Arbeit abzuleisten, innerhalb von sechs Monaten zwei Termine bei der Suchtberatung wahrzunehmen und sich während des Zeitraums von vier Monaten mindestens auf fünf Minijobs zu bewerben.

Der Vorsitzende Richter nahm sich viel Zeit, das Urteil zu begründen und dem Angeklagten ins Gewissen zu reden. Die Bewährung und die Auflagen sollen zweierlei bewirken: zum einen eine Sanktionierung, zum anderen sollen sie ihm helfen, sich wieder in einen strukturierten Alltag einzufügen und dadurch wieder „in die Spur“ zu finden. Das Urteil ist rechtskräftig.

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Erstellt:
24. Februar 2024, 06:00 Uhr

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