Inklusiver Stellenpool im Landratsamt geplant
Die Kreisverwaltung will gezielt Menschen mit wesentlicher Behinderung einstellen und hat dafür ein erstes Konzept erstellt.
Von Lorena Greppo
Rems-Murr. Menschen mit wesentlicher Behinderung haben es auf dem sogenannten ersten Arbeitsmarkt schwer. Zwar sind öffentliche wie auch private Arbeitgeber mit mindestens 20 Arbeitsplätzen verpflichtet, auf wenigstens fünf Prozent der Stellen schwerbehinderte Menschen zu beschäftigen, diese Quote erfüllen jedoch wenige. Selbst das Land Baden-Württemberg liegt nach Angaben des SWR unter der erforderlichen Quote und muss daher Strafzahlungen leisten. Der Rems-Murr-Kreis, erklärte Landrat Richard Sigel in der jüngsten Sitzung des Verwaltungs-, Schul- und Kulturausschusses des Kreistags, erfülle diese Quote inzwischen. Darauf will man sich aber nicht ausruhen, sondern als moderner Arbeitgeber bei der Inklusion weiter vorangehen. Daher hat sich der Rems-Murr-Kreis zum Ziel gesetzt, einen inklusiven Stellenpool in der Kreisverwaltung für jene Menschen zu schaffen, die aufgrund einer vorliegenden Behinderung nicht hinreichend selbstbestimmt am ersten Arbeitsmarkt partizipieren können.
Noch ist das Konzept nicht ausgereift, wie Anja Off, Fachbereichsleiterin Personal im Landratsamt, ausführte. Man wolle zuerst einmal bei den Kreisräten ein Feedback zur Idee einholen. So viel sei gesagt: Ausnahmslos alle anwesenden Ausschussmitglieder sprachen sich für eine Vertiefung aus – wenn es auch Fragen und Bedenken gab. Doch dazu später. Erst einmal erklärte Anja Off, wie der inklusive Stellenpool funktionieren soll.
Denkbar sind etwa Aufgaben in der Bewirtung und Hausmeisterdienste
Für das Projekt sind vorerst zwei Vollzeitäquivalente geplant. Diese Stellen sollen nicht unmittelbar auf bestimmte Bereiche festgelegt werden. Stattdessen soll durch eine hausweite Befragung ermittelt werden, welche Einsatzgebiete infrage kommen. Ein Stellenpool biete den erheblichen Vorteil, „dass noch keine bereichsbezogene Zuteilung erfolgen muss, sondern die Flexibilität besteht, Menschen mit entsprechendem Handicap fähigkeits- und interessenbezogen einzusetzen“, heißt es in der Sitzungsvorlage. Denkbar sei beispielsweise ein Einsatz im Bereich der Bewirtung und Hausmeisterdienste für den neuen Sitzungssaalkomplex oder Tätigkeiten im Bereich der Poststelle der Landkreisverwaltung.
Ein Plus der Beschäftigung behinderter Menschen ist dabei auch, dass es sehr gute Möglichkeiten gibt, dass die Personalkosten durch Fördermöglichkeiten refinanziert werden. Bei einer unbefristeten Tätigkeiten liege die Quote bei bis zu 70 Prozent, so Anja Off. Die Kreisverwaltung gehe daher lediglich von Kosten in Höhe von etwa 18000 Euro im Jahr aus.
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Die Beschäftigten des inklusiven Stellenpools sollen jedoch nicht etwa ins kalte Wasser geworfen werden. Um ihnen den Einstieg leichter zu machen, haben sich die Verantwortlichen einen Inklusionsprozess überlegt. Zuerst einmal soll ein zwangloses Kennenlernen stattfinden, welches durch entsprechende Fachkräfte im Amt begleitet wird. Dem schließt sich eine Praktikum als Testphase an, in welchem die potenziellen Mitarbeitenden ihren Arbeitsbereich kennenlernen und sich ausprobieren können. Auch in dieser Phase sei ein regelmäßiger Austausch vorgesehen. Ist das Praktikum erfolgreich absolviert, soll dieses im besten Fall in ein sozialversicherungspflichtiges Arbeitsverhältnis münden. Den Stelleninhabern sollen dabei interne und externe Unterstützer zur Seite stehen.
Zwei Vollzeit- oder mehrere Teilzeitstellen?
„Es ist richtig und gut, dass der Kreis hier Verantwortung übernimmt“, befand Armin Mößner (CDU). Er plädierte dafür, klein zu beginnen und dann zu beobachten, wie sich das Ganze entwickle. Auch Anne Kowatsch (Grüne) begrüßte den inklusiven Gedanken, wenn auch der Prozess sicherlich aufwendig sei. Sie wollte wissen, ob die beiden Vollzeitäquivalente tatsächlich als zwei Vollzeitstellen besetzt werden sollen oder auf Teilzeitstellen aufgeteilt werden. Zudem hakte sie nach, ob die Mentoren der Stelleninhaber eine entsprechende Ausbildung erhalten sollen. Diese Fragen könnten noch nicht beantwortet werden, so Anja Off.
Andreas Hesky (Freie Wähler) signalisierte zwar Unterstützung, was das Vorhaben angeht, warnte aber vor zu hohen Erwartungen. Die Anstellung von Menschen mit wesentlicher Behinderung sei keine Entlastung, sondern vielmehr eine Belastung, denn schließlich bräuchten sie Betreuung bei der Arbeit. Das wiederum wollte Landrat Richard Sigel so nicht stehen lassen: „Es gibt durchaus Menschen, die klar umgrenzte kleinere Aufgaben weitgehend eigenständig erledigen können“, hielt er dagegen. Er wolle es aber nicht schönreden: Einen gewissen Aufwand werde das Projekt sicherlich erfordern. Dennoch profitiere der Kreis, denn arbeiteten jene Menschen woanders, werde Eingliederungshilfe fällig.
Nach einstimmigem Beschluss zur weiteren Ausarbeitung des Konzepts sollen nun die übrigen Gremien informiert werden. Eine Umsetzung mit dem Besetzungsprozess der Stellen ist erst im kommenden Jahr geplant.