Kommentar: Mehr als nur Sisyphos-Arbeit
Kommentar: Mehr als nur Sisyphos-Arbeit
Von Tobias Peter
Es gibt Sätze, die man später bereut. „Das ist so ein bisschen Sisyphos“, hatte der Kanzler bei einer Fragerunde im Wahlkampf in Sachsen gesagt – und meinte damit seine Mühen zur Bekämpfung der irregulären Migration. Ein Vergleich, den Olaf Scholz nicht gut durchdacht hat. Sisyphos ist eine Gestalt der griechischen Mythologie, die einen Felsbrocken einen Berg hinaufwälzen muss – nur dass der dann immer wieder ins Tal rollt.
Das, was Scholz sagen wollte: Er scheut auch mühevolle Kleinarbeit nicht, wenn sich damit Fortschritte erreichen lassen. Mit den Grenzkontrollen, die jetzt zunächst für sechs Monate an allen deutschen Landgrenzen angeordnet sind, zeigt er, dass er mehr will als kleinteilige Fortschritte. Wie gut das vorgeschlagene Grenzverfahren für einen Teil der Asylsuchenden wirkt, muss sich zeigen – aber einen Versuch ist es wert.
Für den gesellschaftlichen Frieden wäre ein Konsens mit der Union gut gewesen – aber CDU-Chef Friedrich Merz verspricht sich taktisch mehr davon, wenn es keine Einigung gibt. Scholz wird sich daran messen lassen müssen, ob es gelingt, die irreguläre Migration erfolgreicher als bislang zu bekämpfen. Was getan wird, muss aber im Einklang mit dem Grundgesetz und mit dem europäischen Recht geschehen. Deutschland darf nicht die mühsam errungene Einigung über eine gemeinsame Asylpolitik sprengen. Dauerhaftes Chaos darf nicht der Preis für kurzfristige Erfolge sein.