Mit Kindern angstfrei zum Zahnarzt

Der Besuch beim Zahnarzt mit dem Nachwuchs kann ganz schön stressig sein. Wie können die Kleinsten Vertrauen gewinnen? Der Backnanger Zahnarzt Are Hilliges hat vor 13 Jahren „Trolldent“ gegründet. Dort können Kinder die Zahnarztpraxis spielerisch und entspannt kennenlernen.

Patientin Liva übt beim Plüschtierdrachen Kai das Zähneputzen. Franziska Schumann (links) und Selina Teixeira Vilaca sowie Are Hilliges unterstützen sie dabei. Foto: Alexander Becher

© Alexander Becher

Patientin Liva übt beim Plüschtierdrachen Kai das Zähneputzen. Franziska Schumann (links) und Selina Teixeira Vilaca sowie Are Hilliges unterstützen sie dabei. Foto: Alexander Becher

Von Florian Muhl

Backnang. „Mutti, Mutti, er hat überhaupt nicht gebohrt“, jubelte einst ein Mädchen in einem Werbespot für Zahncreme Ende der 1960er-Jahre. So glücklich wie das Kind im TV-Spot scheint heute auch Liva zu sein. Die Vierjährige sitzt vergnügt zur Prophylaxe auf der Behandlungsliege der Backnanger Praxis für Kinderzahnheilkunde „Trolldent“ von Are Hilliges und putzt einem Plüschtierdrachen die Zähne. „Der heißt Kai, aber nicht zufällig“, sagt Franziska Schumann. „Die Buchstaben K, A und I stehen für die Putztechnik für Kinder: Kauflächen, Außenflächen, Innenflächen“, erklärt die Behandlungsassistentin, die auch in der Prophylaxe für Kinder tätig ist.

Sonnenbrille schützt vor grellem Licht

Liva ist ganz bei der Sache. Sie darf alle Geräte benutzen. Zum Schutz vor dem grellen Behandlungslicht setzt ihr Franziska Schumann eine Sonnenbrille auf und motiviert die Vierjährige liebevoll: „Super machst du das. Da geht’s dem Kai aber gut, wenn der so saubere Zähne hat.“ Jetzt nutzt die Behandlungsassistentin geschickt die Gunst dieses Moments und sagt: „Ja, toll, und wir können jetzt mal auch an deinen Zähnen das Putzen ausprobieren.“ Schon legt sich Liva hin und öffnet bereitwillig ihren Mund. Dass die Zahnpasta nach Erdbeere schmeckt, ist da sicher nicht hinderlich. Livas Mama Jenny sitzt mit im Behandlungszimmer, den einjährigen Lior auf dem Arm, und ist höchst zufrieden. „Wir waren das erste Mal bei einem anderen Zahnarzt, bei einem normalen, und das hat sie doch erschreckt, weil da alles sehr steril und nicht wirklich kindgerecht war. Da wollte sie den Mund nicht aufmachen. Wir mussten dann auch gleich wieder gehen“, sagt Jenny. Ihren Nachnamen will die 36-Jährige lieber nicht sagen. Dann hat die Aspacherin im Internet nach einem Kinderzahnarzt gesucht. „Heute sind wir das erste Mal hier“, sagt sie und fügt zufrieden hinzu: „Bisher läuft alles sehr kindgerecht. Sie gehen sehr auf sie ein, lassen sich sehr viel Zeit, akzeptieren auch, wenn sie mal kurz was nicht möchte, was ich sehr wichtig finde, also alles sehr positiv.“ Lior war schon vor seiner Schwester dran. „Er hat den Mund aufgemacht, seine Zähne wurden einmal durchgeschaut, er hat gut mitgemacht, ist alles gut gelaufen“, erzählt die Mutter.

Da, wo noch Farbe ist, sind noch Bakterien

Jetzt, nach dem Zähneputzen, fragt Franziska Schumann ihre kleine Patientin: „Wir fangen mal mit der Zauberfarbe an, probieren wir das mal als Erstes?“ Die stimmt mit einem knappen „Ja“ gleich zu. Mit der Zauberfarbe hat Liva kurz zuvor schon die Zähne von Kai behandelt. Beläge werden blau angezeigt. „Je dunkler das Blau, desto älter ist der Belag“, erklärt die Prophylaxeexpertin. Sie drückt der Vierjährigen einen Spiegel in die Hand, damit sie selbst die Farbe erkennen kann. Aber bei ihr ist nur wenig Farbe zu erkennen. Franziska Schumann wählt motivierende Worte: „Da, wo’s jetzt weiß ist, bist du schon Weltmeister im Zähneputzen, sehr gut.“ Dann fügt sie noch hinzu: „Da, wo noch Farbe ist, da haben wir noch Bakterien.“

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Zahnarzt Are Hilliges guckt kurz im Behandlungszimmer vorbei. Der 49-Jährige will sich auch mal die Zähne von Liva anschauen. „Darf ich mal deine Zähne zählen?“ Liva öffnet den Mund. „Eins, zwei, drei,... zehn – zehn oben und zehn unten, sehr schön.“ Durch diesen kleinen Zähltrick hat sich der Zahnarzt auch einen guten Blick auf die Zähne verschaffen können.

Währenddessen wendet sich Selina Teixeira Vilaca an die Mutter. „Vor allem beim Oberkiefer sind wir Eltern sehr gefragt. Kinder putzen unten, oben putzen sie weniger und oben außen putzen sie fast gar nicht mehr. Da müssten Sie mithelfen“, erklärt die Dentalhygienikerin. Sie erklärt, dass halbjährlich die Vorsorgeuntersuchungen mit Reinigung und die Fluoridierung als Kariesprophylaxe für Kinder ab dem sechsten Monat bis zum 18. Lebensjahr von den Krankenkassen übernommen wird.

„Wir gehen hier individuell auf die Kinder ein“, erklärt Selina Teixeira Vilaca beim Pressetermin. „Das bedeutet, dass wir auch spielerisch mit dabei sind und dass wir auch nicht über die Grenzen des Kindes hinausgehen. Wenn das Kind etwas nicht möchte, zwingen wir das Kind nicht, sondern sagen: ,Okay, dann probieren wir’s beim nächsten Mal.‘“ Zusammen mit dem Patienten – ob jung oder alt – werden die Schwachstellen beim Zähneputzen besprochen. Und wo sind diese? „Man denkt eigentlich: eher hinten, aber es ist hauptsächlich vorne. Da geht man oft zu schnell drüber“, weiß die Dentalhygienikerin aus Erfahrung.

Drei „Eigengewächse“ in der Ausbildung

Liva, die sich noch in der Spielecke aufgehalten hat, will am Ende gar nicht mehr gehen. Sie hat heute so toll mitgemacht, das wäre doch später eine ideale Auszubildende? Diese Anmerkung greift Are Hilliges auf. Tatsächlich hat er gerade drei junge Damen, die beim ihm in der Ausbildung sind, alle im ersten Lehrjahr, die alle bereits im Kindesalter die Praxis kennen- und offensichtlich auch liebengelernt haben. „Alles Eigengewächse“, schmunzelt der 49-Jährige, der sich freut, als Arbeitgeber keine Nachwuchssorgen zu haben.

So gelingt der Zahnarztbesuch von Anfang an – stress- und angstfrei

Gelassenheit Bleiben Sie gelassen. Je gelassener Sie sind, desto weniger wird Ihr Kind Ihre eigene ängstliche Emotion übernehmen.

Vertrauen Bringen Sie zu Ihrem eigenen Arztbesuch Ihr Kind mit. So lernt es von Anfang an die Praxis als vertrauensvollen Ort kennen.

Alltag Behandeln Sie den Zahnarztbesuch, als wäre er so alltäglich wie Einkaufen, aber quetschen Sie ihn nicht zwischen andere Termine.

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Erstellt:
10. Februar 2024, 16:00 Uhr

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