Wenn die Daten tropfen statt zu fließen

Leben auf dem Land Eine langsame Internetverbindung ist nicht nur nervig für Freizeitsurfer, sondern kann auch Unternehmern arg zu schaffen machen. Im Raum Backnang sollen die letzten weißen Flecken aber in Kürze verschwinden. Auch wird ein weiteres Freifunk-Areal eingerichtet.

Juli 2019: Mit einem symbolischen Spatenstich beginnt in Allmersbach im Tal das regionale Großprojekt zum Glasfaserausbau. Fotos: A. Becher

© Pressefotografie Alexander Beche

Juli 2019: Mit einem symbolischen Spatenstich beginnt in Allmersbach im Tal das regionale Großprojekt zum Glasfaserausbau. Fotos: A. Becher

Von Bernhard Romanowski

Backnang. Wenn es gegen Spätnachmittag geht, kommt bei Florian Pfaff oft Frust auf. „Ab 16 Uhr ist es vorbei. Da brauche ich gar nicht mehr ins Internet reinzugehen, so langsam ist das“, berichtet der Backnanger. Er wohnt nicht nur im Stiftsgrundhof, sondern arbeitet dort auch. Er ist der Juniorchef der Firma Pfaff-Gas-Technik, die er mit seinem Vater Andreas Pfaff betreibt. Somit nutzt er das Internet nicht ausschließlich zum privaten Surfen, sondern ist beruflich darauf angewiesen.

„In unserem Betrieb läuft 90 Prozent über E-Mail. Anfragen und Aufträge kommen darüber rein, Pläne und andere Unterlagen gehen darüber raus“, so der Handwerker weiter. Da das Internet aber nur so langsam läuft bei ihnen, sind die Pfaffs und ihre Mitarbeiter mitunter fast den ganzen Tag mit der digitalen Büroarbeit beschäftigt. Florian Pfaff macht schnell einen Verbindungscheck. „1,45 Mbit pro Sekunde im Upload, 1,41 Mbit/s im Download“, zeigt der Computer an. Also kurz gesagt: Schneckentempo.

Testergebnis: Internet im Schneckentempo.

© Alexander Becher

Testergebnis: Internet im Schneckentempo.

Wenn dann auch noch die beiden digital ebenfalls angeschlossenen Bauernhöfe im Stiftsgrundhof und andere Firmen verstärkt im Netz sind, geht bei Pfaffs so gut wie gar nichts mehr. „Die ziehen natürlich alle Leistung“, so Florian Pfaff. Das Manko der schlechten Verbindung bekommen auch die Kunden des Unternehmens mit, wenn etwa wieder Aussetzer in der Telefonanlage auftreten. Ganz arg war es vor nicht ganz vier Jahren, als an der B14 gebaut wurde. „Da hatten wir sechs Wochen lang kein Telefon und kein Internet, weil ein Bagger die Leitung beschädigt hatte. Beim zweiten Mal waren wir 14 Tage ganz ohne. Das war schlimm für unseren Betrieb“, erinnert sich Pfaff. Erst als sich der damalige Oberbürgermeister Frank Nopper bei der Telekom starkmachte, kam Bewegung in die Sache und es wurde eine neue Leitung verlegt.

Glasfaser soll noch weiter ausgebaut werden

Melanie Schuler, die persönliche Referentin des Backnanger Oberbürgermeisters Maximilian Friedrich, stellt zum Thema WLAN freilich erst einmal das Positive in den Vordergrund. „Die Stadt Backnang ist sehr gut angeschlossen und verfügt über eine weit überdurchschnittliche Breitbandverfügbarkeit. Über 80 Prozent der Haushalte besitzen bereits heute einen Internetanschluss von 1000 Mbit/s.“ Damit belege Backnang den zweiten Platz im Landkreis Rems-Murr. Beim Mobilfunknetz sei Backnang flächendeckend mit dem Mobilfunkstandard 4G versorgt, und rund 70 Prozent des Stadtgebietes sogar mit 5G.

Florian Pfaff verzweifelt manchmal fast über die lahme Leitung im Stiftsgrundhof.

© Alexander Becher

Florian Pfaff verzweifelt manchmal fast über die lahme Leitung im Stiftsgrundhof.

Und was ist mit den weißen Flecken und den leidigen Erfahrungen mit der Unterversorgung im Stadtgebiet? Größere weiße Flecken gebe es keine im Backnanger Stadtgebiet, so die Auskunft der Stadt. „Hingegen sind die Wohnbezirke Horbach, Oberschöntal, Stiftsgrundhof und Ungeheuerhof noch unterversorgt. Für diese kleineren weißen Flecken wurde aber bereits eine umfangreiche Förderung bewilligt und sie werden zeitnah in den nächsten Monaten ausgebaut“, erläutert Schuler. Diese Auskunft erteilte uns die Referentin Friedrichs bereits im Oktober – und sie sollte recht behalten. Es gibt frohe Kunde für die Pfaffs und alle anderen im Stadtgebiet, die mit der lähmenden Langsamkeit des Netzes zu kämpfen haben. Denn wie Christian Nathan als Pressesprecher der Stadt Backnang nun mitteilt, wird am 9. Februar der Spatenstich für den weiteren Glasfaserausbau stattfinden, wodurch dann auch die letzten weißen Flecken verschwinden sollen.

Initiative Freifunk will helfen

Auch in der flächenmäßig kleinsten Kommune des Rems-Murr-Kreises hat sich internettechnisch mittlerweile schon viel getan. Allmersbach im Tal war das Pilotgebiet des Projekts Gigabit Region Stuttgart (siehe Infokasten). In Allmersbach im Tal wurden 2277 Haushalte bereits vollständig mit Glasfaser erschlossen. In der Backnanger Innenstadt wurden zuletzt 1494 Haushalte breitbandtechnisch erschlossen. Im selben Zeitraum wurden zwölf Gewerbegebiete durch die Telekom an das Glasfasernetz angeschlossen, eines davon in Backnang.

Die Versorgung mit WLAN, und das möglichst kostenlos für möglichst viele Nutzer, treibt auch Konrad Panzlaff und Timo Haible um. Sie sind Mitglieder der Initiative Freifunk und haben in den vergangenen Jahren immer wieder ihre Hilfe mittels technischem Support und Manpower angeboten, um ein offen zugängliches Bürgernetz in Backnang zu ermöglichen. Auch hierzu gibt es gute Nachrichten, wie die beiden Freifunker berichten: Die Stadt Backnang und die Initiative Freifunk Backnang werden im Bereich Bleichwiese eine freie WLAN-Zone einrichten. Wenn alles gut läuft, können dort vielleicht schon ab April alle Bürger kostenlos das Internet nutzen.

WLAN für das Land

Glasfaserausbau Ziel der Gigabit Region Stuttgart und der Kooperation mit der Deutschen Telekom ist es, bis 2025 alle Schulen und Gewerbegebiete sowie bis 2030 mindestens 90 Prozent der Haushalte mit gigabitfähigen Breitbandanschlüssen (Glasfaser) zu versorgen.

Zweckverband Dazu wurde im Februar 2019 der Zweckverband Breitbandausbau Rems-Murr gegründet, der die Kommunen im Landkreis bei der Ausbauplanung und der Förderantragstellung unterstützt.

Breitbandatlas Nach dem Breitbandatlas verfügen, Stand Mitte 2021, in Baden-Württemberg 94,9 Prozent der Haushalte über einen Internetanschluss mit einer Downloadgeschwindigkeit von mindestens 50 Mbit/s. „Das Land hat in den vergangenen zwölf Monaten mehr als 821 Millionen Euro in den kommunalen Breitbandausbau investiert“, so Innenminister Thomas Strobl.

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Erstellt:
15. Januar 2022, 11:00 Uhr

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