Wohnraum schaffen ist das Dauerthema in Sulzbach

Kommunalwahl 2024 In Sulzbach an der Murr hat es nie zuvor so viel Interesse an einem Ehrenamt im Gemeinderat gegeben wie heuer. Nicht nur haben sich etliche alte Hasen entschlossen, doch nochmals zu kandidieren, es hat sich sogar eine ganz neue Liste gegründet. So stehen den Wählern jetzt vier Listen mit insgesamt 41 Kandidaten zur Verfügung.

Mehrere gemeindeeigene Gebäude wie etwa das Rathaus oder die benachbarte ehemalige Gaststätte Ochsen müssen dringend saniert werden. Foto: Ute Gruber

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Mehrere gemeindeeigene Gebäude wie etwa das Rathaus oder die benachbarte ehemalige Gaststätte Ochsen müssen dringend saniert werden. Foto: Ute Gruber

Von Ute Gruber

Sulzbach an der Murr. In der sympathischen kleinen Gemeinde am Tor zum Schwäbischen Wald stehen in den nächsten Jahren viele Pflichtaufgaben an, zudem gibt es auch viele Wünsche und Ideen. So muss bis in zwei Jahren eine Lösung gefunden werden, wie die Ganztagesbetreuung inklusive Mensa für die Grundschüler organisiert werden kann. Von Vorteil ist hierbei, dass im kommunalen Schulzentrum durch die deutlich zurückgegangenen Schülerzahlen mittlerweile viele Räume leer stehen. Auch für die große Nachfrage nach Kleinkinderbetreuung müssen laufend Lösungen gefunden werden.

Ein weiterer großer Brocken ist das Landessanierungsprogramm Ortskern II, dessen großzügige Fördermittel bis in vier Jahren (April 2028) abgerufen sein sollten und bisher noch kaum in Anspruch genommen wurden. An gemeindeeigenen Gebäuden, die dringend saniert werden sollen, ist neben dem Gasthaus Ochsen, dem ehemaligen Farrenstall (Bauhof) und dem Bahnhof auch das Rathaus selbst an der Reihe. Gerade die Sanierung von Letzterem wurde in den vergangenen Jahren bereits zweimal vertagt. Nun hat man das Problem, dass sich inzwischen die Brandschutzvorschriften derart verschärft haben, dass für den historischen vorderen Teil keine einfache Lösung in Sicht ist. Immerhin wird man die neue Hackschnitzelheizung im zukünftigen Bauhofgebäude an der Uferstraße zu 60 Prozent aus diesem Topf finanzieren können.

Wenn der Umzug des Bauhofs – genau genommen Grünzug, Forst und Wasserversorgung – in die Uferstraße über die Bühne gegangen sein wird, muss man sich überlegen, wie die frei gewordene zentrale Fläche am besten zu nutzen ist. Wohnraum zu schaffen, ist in der prosperierenden Gemeinde ein Dauerthema, aktuell ganz brisant durch die angemahnte Pflicht zur Unterbringung von gut 100 Geflüchteten (wir berichteten). Dieses Defizit hat sich durch die Zurückhaltung in den vergangenen Jahren angesammelt.

Eine unendliche Geschichte ist auch das geplante Baugebiet Ziegeläcker III am Westrand der Gemeinde, gegen das es Vorbehalte unter anderem vom Umweltschutzamt und von den Anliegern gibt. Auch bei diesem (bisherigen) Groschengrab wurde man von den gesellschaftlichen Entwicklungen überholt. Ebenso ist das Thema Motorradlärm auf der B 14 ein Dauerbrenner – auch für die Nachbargemeinde Großerlach – , für den noch keine Lösung gefunden wurde.

Digitalisierung, Carsharing, PV-Anlagen auf öffentlichen Gebäuden, geplanter Windpark sind weitere zeitgemäße Themen. Und beim Thema Klimawandel nicht zu vergessen ist der Hochwasserschutz: Zwar wurden innerorts alle Maßnahmen durchgeführt, aber das große Rückhaltebecken im Fischbachtal steht noch aus, ebenso wie generell der Hochwasserschutz im Teilort Siebersbach, der bei der ursprünglichen Planung fatalerweise unberücksichtigt geblieben war.

Leider wird die Haushaltslage immer schwieriger und so ist eben vieles, was wünschenswert wäre, nicht automatisch auch machbar. Hauptaufgabe auch des zukünftigen Gemeinderats wird daher sein, Prioritäten zu setzen und unnötige Ausgaben zu vermeiden. Beziehungsweise: neue Einnahmen zu generieren, zum Beispiel durch ein attraktives Umfeld für Firmen.

Nicht mehr kandidieren werden Reinhold Haag (UBL), Gabi Plapp (UBL), Klaus Wasiliew (UBL) und Uwe Weber (CDU-FW). Wobei bei Haag und Weber jeweils die Tochter beziehungsweise der Sohn ihren Hut jetzt in den Ring werfen.

Bürgerbus stärkt das Gemeinwohl

UBL Nachnutzung des Farrenstall-Areals genießt hohe Priorität.

Eine vollständige Kandidatenliste hat Edelgard Löffler mit acht Männern und sechs Frauen zwischen 22 und 69 Jahren aus den verschiedensten Sparten, darunter neben vier erfahrenen Gemeinderäten viele Newcomer: „Noch nie gab es in Sulzbach so viele Bewerbungen wie dieses Jahr.“ Zurückgeführt wird dies auf die Aufbruchsstimmung mit der neuen Bürgermeisterin. Und auch auf die schon bisher sachliche und lösungsorientierte Zusammenarbeit der Fraktionen im Gremium. Ein Schwerpunkt der Liste, in der mehrere Pädagogen, Jugendtrainer, Schulleiter kandidieren, liegt auf dem Thema Bildung, also den Schulen, aber auch auf Kinderbetreuung und Kulturangeboten. „Durch die verlässliche Grundschule haben wir ja schon länger ein verlängertes Betreuungsangebot, aber wir werden jetzt eine Mensa bauen müssen, vielleicht mit einer Kleinkindergruppe dabei.“ Wichtig ist der UBL der zügige Umzug von Grünzug/Forst/Wasserversorgern in die Uferstraße 50, auch um die Nachnutzung des zentralen Farrenstall-Geländes in Angriff nehmen zu können. Zum angestrebten Gemeinwohl aller Bürger in einem familienfreundlichen Sulzbach gehören für die UBL ein Bürgerbus und die Unterstützung ehrenamtlicher Vereinsarbeit. Die Inte-ressen der Gewerbetreibenden im Ort und der Erhalt der Kulturlandschaft stehen ebenfalls auf der Agenda.

Für die UBL kandidieren: Edelgard Löffler (1955), Lehrerin; Martin Haas (1966), Elektromeister; Alexander Hübner (1974), Entwicklungskonstrukteur; Karl-Heinz Buth (1963), Versicherungskaufmann; Martina Mayer (1970), Rektorin; Philipp Kuhn (1978), Oberstaatsanwalt; Melanie Erkert (1985), Steuerfachwirtin; Theresa Hübner (1992), Vertriebsleiterin; Sarah Jessica Schneider (1992), Assistentin der Bereichsleitung; Paul Obermeier (2001), Installations- und Heizungsbaumeister; Kai Sven Kasper (1990), Lehrer; Andrea Haag (1988), Landwirtin; Timo Reisner (1976), Anwendungstechniker; Anestis Pantzartzis (1981), Wirtschaftsinformatiker.

Bunte Mischung und vier Altkandidaten

CDU-FW Die Liste CDU-Freie Wähler freut sich über veränderten Führungsstil.

Stolz ist Listenführer Steffen Schmidt auf die bunte Mischung seiner 14 Kandidaten, von denen vier zur Wiederwahl stehen: Zwischen 22 und 76 Jahren sind sie alt, darunter Akademiker, Handwerker, Landwirte, Rentner, Verwurzelte und Zugezogene, Selbstständige, Beamte und Angestellte, mehrere Kandidaten aus den oft unterrepräsentierten Teilorten. Vier Frauen sind dabei. Der Fahrschulinhaber, der seit 15 Jahren Gemeinderat ist, freut sich über den veränderten Führungsstil, den die neue Bürgermeisterin Veronica Franco Olias seit Februar in die Gemeinde gebracht hat: „Mehr Transparenz, mehr Effektivität. Da ist einfach ein Zug dahinter.“ So hofft er auf einen weiterhin guten Umgang mit der Verwaltung, wenn es die anstehenden Aufgaben zu bewältigen gibt: „Die Digitalisierung des Rathauses und der Hochwasserschutz müssen jetzt endlich mal abgeschlossen werden und die vorgeschriebene Ganztagesbetreuung für die Grundschule.“ Neben vielen Zielen, die denen der UBL ähneln, liegt im Interesse der CDU-Freie-Wähler-Liste ganz besonders auch die Sicherung und Erhaltung von Arbeitsplätzen, indem zum Beispiel das Gewerbe gefördert wird: „Da gibt es durchaus noch Potenzial bei den vorhandenen Plätzen.“ Auch der Verkehrslärm und die Verkehrsführung sind Steffen Schmidt ein wichtiges Anliegen, etwa der geplante Kreisverkehr am Sulzbacher Eck.

Für die CDU-FW kandidieren: Steffen Schmidt (1972), Betriebswirt und Fahrlehrer; Katja Erkert (1966), Wirtschaftsingenieurin; Ulrich Boitin (1951), Rektor i. R.; Joachim Magenau (62), Landwirtschaftsmeister; Markus Seibert (35), Industriemeister Metall; Tom-Lukas Lambrecht (1997), Lehrer; Nicolette Doll (1969), Zollbeamtin; Dennis Bauer (23), Landwirt; Renate Brändle (1947), Rentnerin; Jürgen Häberlein (58), Ingenieur; Celine Keric (25), Medizinische Fachangestellte; Daniel Krötz (1984), Busfahrer; Stefan Prestel (1978), Wirtschaftsingenieur; Stefan Weber (22), Zimmermann.

Erneuerbare Energien ausbauen

Weitere Themen

Bündnis 90/ Die Grünen Ein energieneutrales Sulzbach ist das hohe Ziel.

Von den fünf Männern und drei Frauen auf der Liste sind Susanne Geyer und Günter Schimpf bereits seit fünf Jahren im Gemeinderat aktiv. Sie wollen sich insbesondere für den Ausbau von erneuerbaren Energien einsetzen, zum Beispiel mit mehr Fotovoltaikanlagen auf gemeindeeigenen Gebäuden.

Weitere Themen sind Ladesäulen in Wohngebieten zur Förderung der E-Mobilität, eine finanzielle Beteiligung von Bürgerschaft und Gemeinde an den Erträgen des möglicherweise geplanten Windenergieparks (Bürgerenergiegenossenschaft) und mehr Fahrradboxen auf dem Bahnhofsgelände. „Es ist ein hohes Ziel, aber irgendwann ein energieneutrales Sulzbach an der Murr – das fände ich großartig“, meint Benjamin Huy. Wichtig ist den Grünen auch der Erhalt der vielfältigen Naturlandschaft in und um Sulzbach mit einem hohen Freizeitwert, ebenso wie gut ausgebaute Fuß- und Radwege, intakte Spielplätze und möglichst barrierefreie öffentliche Einrichtungen. Hinzu kommt auch eine zukunftsorientierte Kinder- und Schülerbetreuung, um mehr Bildungsgerechtigkeit zu erreichen.

Nicht nur das Vereinsleben soll gestärkt werden, sondern generell ein gutes Zusammenleben der Sulzbacher, auch mit den hier aufgenommenen Flüchtlingen. Man wünscht sich eine bürgernahe Verwaltung mit mehr Bürgerbeteiligung, zum Beispiel über die Digitalisierung des Rathauses (Bürgerforum). Diese könnte außerdem die Beteiligung der Jugend fördern. Nachhaltigkeit und Ressourcenschonung sind wichtig.

Für Bündnis 90/Die Grünen kandidieren: Susanne Geyer (1973), Pflegepädagogin; Günter Schimpf (1957), IT-Leitung i. R.; Eldrid Ehlers (1989), Sozialarbeiterin (BA); Bettina Oehl (1968), Diplom-Sozialarbeiterin; Raphael Leipold (1987), selbstständiger Webdesigner; Benjamin Huy (1985), selbstständiger Zimmermeister; Wolfgang Schindler (1963), Diplom-Wirtschaftsingenieur (FH); Götz Pyttel (1959), Förster i. R.

Frischer Wind für den Gemeinderat

PULS Bessere Kommunikation ist der neuen Liste sehr wichtig.

Ganz neu gegründet hat sich die Liste PULS (parteiunabhängige Liste Sulzbach) mit Andreas Fillgraff, der sich bereits als Bürgermeisterkandidat für die Sulzbacher Gemeindepolitik engagiert hatte und „frischen Wind in das Gremium bringen“ möchte. Den drei Kandidaten und zwei Kandidatinnen im Alter von 38 bis 73 Jahren liegt besonders eine Verbesserung der Kommunikation der Entscheidungsträger mit den Bürgerinnen und Bürgern am Herzen. Wirtschaftsmathematiker Andreas Fillgraff, der sich seit Jahren aktiv in verschiedenen Ehrenämtern für Sulzbach einsetzt, liegt viel an einem soliden Gemeindehaushalt und einer effektiven Verwendung der Gemeindeeinnahmen: „Als Mathematiker kann ich die Kalkulationen auf ihre Wirtschaftlichkeit prüfen und dabei helfen, die Steuergelder effektiv einzusetzen.“ Erweiterung des Kinderbetreuungsangebots und Integration der Älteren, eine attraktive Ortsmitte und eine Verbesserung der Parkplatzsituation, die Stärkung von Ehrenämtern und Vereinen sind weitere Ziele, die genannt werden. Man besitzt Fachkompetenz für Digitalisierung und mittelständische Unternehmen und will sich für sinnvolle Lösungen für sanierungsbedürftige Gemeindeimmobilien sowie die Errichtung eines Grüngutsammelplatzes einsetzen.

Für die PULS kandidieren: Andreas Fillgraff (1985), Versicherungsmathematiker; Max Mauser (1950), Mechanikermeister i. R.; Katja Willett-Hegemann (1975), IT-Angestellte; Michele Pierri (1983), Taxiunternehmer; Saskia Kurz (1985), Geschäftsführerin.

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Erstellt:
31. Mai 2024, 15:12 Uhr

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Das Haus an der Ecke des Marktplatzes (links im Bild das Rathaus) hat schon bessere Zeiten gesehen. Foto: Ute Gruber
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