Sorge um das gute Klima im Backnanger Gemeinderat

Unter den neu gewählten Backnanger Stadträten sind auch Personen, die polarisieren. Langjährige Mitglieder des Gremiums befürchten, dass das konstruktive Miteinander und die Sacharbeit darunter leiden könnten.

Bei einer Bürgerfragestunde im Backnanger Gemeinderat stellt Andreas Brunold Fragen zum Hochwasserschutz. Künftig ist der 68-Jährige wieder Teil des Gremiums, dem er von 1994 bis 1999 schon einmal angehörte. Archivfoto: Alexander Becher

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Bei einer Bürgerfragestunde im Backnanger Gemeinderat stellt Andreas Brunold Fragen zum Hochwasserschutz. Künftig ist der 68-Jährige wieder Teil des Gremiums, dem er von 1994 bis 1999 schon einmal angehörte. Archivfoto: Alexander Becher

Von Kornelius Fritz

Backnang. Mit 16.166 Stimmen hat Ute Ulfert (CDU) am Sonntag das beste Ergebnis aller 218 Kandidaten bei der Backnanger Gemeinderatswahl erzielt. Und das mit großem Abstand: Der zweitplatzierte Rolf Hettich (ebenfalls CDU) kam auf 9.584 Stimmen. In die Freude über das persönliche Ergebnis und die Tatsache, dass ihre Partei mit sieben Sitzen stärkste Fraktion bleibt, mischt sich aber auch ein wenig Sorge mit Blick auf die künftige Gemeinderatsarbeit. „Ich hoffe, dass wir arbeitsfähig bleiben und das gute Miteinander so weitergeht“, sagt die Vorsitzende der CDU-Fraktion. Denn auch wenn es in der Sache bisweilen unterschiedliche Meinungen gibt, hat Ulfert das Klima zwischen den Fraktionen bisher als respektvoll und konstruktiv empfunden.

Zusammenarbeit mit AfD wird ausgeschlossen

Sorge macht ihr vor diesem Hintergrund vor allem der neu gewählte AfD-Stadtrat Steffen Balz. Ulfert sagt, sie kenne ihn nicht persönlich, sondern nur seine Äußerungen in Leserbriefen und auf Social Media. Dort war Balz immer wieder durch radikale und diskriminierende Aussagen gegenüber Ausländern und Homosexuellen aufgefallen. Ulfert sagt, sie sei gespannt darauf, wie sich der 62-Jährige im Gemeinderat geben wird: „Ich hoffe, dass sich alle Gewählten ihrer Verantwortung bewusst sind.“

Heinz Franke teilt Ulferts Sorgen. Auch der SPD-Fraktionschef kennt Äußerungen von Steffen Balz, die „arg grenzwertig“ seien. Gleichzeitig betont er aber auch: „Der Wähler hat so entschieden und das müssen wir akzeptieren.“ Eine Zusammenarbeit mit der jetzt vierköpfigen AfD-Fraktion schließen sowohl Ulfert als auch Franke kategorisch aus, beide betonen aber auch, dass man mit allen Mitgliedern des Gremiums einen höflichen Umgang pflegen wolle: „Wenn wir Krach anfangen, bringt das die Stadt nicht voran“, sagt Heinz Franke.

Balz selbst, der mit 6803 Stimmen immerhin das sechstbeste Ergebnis aller Kandidaten verbuchen konnte, versichert auf Anfrage, dass er nicht auf Krawall gebürstet sei: „Ich bin ein kultivierter Mensch“, sagt der Zahnarzt, der seine Praxis in Backnang Ende 2021 verkauft hat. Allerdings vertrete er Meinungen, „die nicht mainstreamgängig sind“, und das werde er künftig auch im Backnanger Gemeinderat tun. „Uns ist klar, dass wahrscheinlich alle anderen gegen uns stimmen werden, aber das macht mir persönlich überhaupt nichts aus“, erklärt Balz. Spätestens wenn es auch in Backnang eine Messerstecherei mit ausländischen Tätern gebe, würden vielleicht auch die anderen Parteien merken, dass sie auf dem falschen Weg seien. Ob er den Vorsitz der gestärkten AfD-Fraktion übernehmen wird, ließ Steffen Balz gestern noch offen.

Andreas Brunold hat schon gegen die Stadt prozessiert

Weitere Themen

Neben dem Erstarken der AfD sorgt auch die Wahl von Andreas Brunold für Gesprächsstoff unter seinen künftigen Ratskollegen. Der emeritierte Politikprofessor, der auf der neuen Liste Bürgerstimme Backnang einen Sitz holen konnte, vertritt zwar keine radikalen Ansichten, gilt aber als schwieriger Charakter und ist für Teile der Stadtverwaltung ein „rotes Tuch“. Vor allem beim Thema Hochwasserschutz, bei dem sich der im BUND engagierte Brunold sehr gut auskennt, hatte er in der Vergangenheit immer wieder Fehler der Verwaltung angeprangert und diese zum Teil auch nachweisen können. Mehrfach trafen sich Brunold und die Stadt Backnang deshalb auch vor Gericht. Unter den Stadträten herrscht nun die Sorge, dass Brunold mit seinen Anfragen und Erklärungen die Verwaltung lahmlegen und die ohnehin nicht gerade kurzen Gemeinderatssitzungen noch weiter in die Länge ziehen könnte. „Das wird auch eine Herausforderung für unseren OB. Er wird da künftig noch stringenter sein müssen“, fordert Heinz Franke.

Konstituierende Sitzung am 18. Juli

Andreas Brunold, der von 1994 bis 1999 schon einmal im Gemeinderat saß und 2021 auch bei der Backnanger Oberbürgermeisterwahl kandidiert hatte, erklärt indes, ihm gehe es lediglich um Transparenz in der Verwaltung und darum, seine Kontrollfunktion als Gemeinderat wahrzunehmen. „Ich bin weiß Gott kein Querulant oder Miesepeter“, versichert der 68-Jährige, „alle, die mich näher kennen, schätzen mich als umgänglichen Menschen ein.“ Als Stadtrat werde er konstruktiv und professionell im Gremium mitarbeiten. Außerdem sei er ja nur eines von 26 Mitgliedern des Stadtparlaments: „Ich will meine Rolle deshalb auch nicht überschätzen.“

Ob sich der Umgang und das Klima im Backnanger Gemeinderat durch das Wahlergebnis vom Sonntag wirklich ändern, wird sich zeigen, wenn das neu gewählte Gremium am 18. Juli zu seiner konstituierenden Sitzung zusammenkommt. Oberbürgermeister Maximilian Friedrich verspricht, er werde alle Mitglieder gleichermaßen mit Respekt behandeln. „Allerdings werde ich auch klare Grenzen setzen, wenn es etwa persönliche Diffamierungen oder diskriminierende Äußerungen geben sollte.“

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Erstellt:
12. Juni 2024, 06:00 Uhr

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