Die Band Wildflower um Frontfrau Biggi Binder bietet musikalisches Soulfood vom Feinsten
Bands von hier Die Band Wildflower um Frontfrau Biggi Binder hat sich während der Pandemie zusammengefunden und besteht aus fünf langjährigen Berufsmusikern. Die musikalische Seelenverwandtschaft und die Freude am Schaffen eigener Songs treiben sie trotz Zeitmangels an.
Von Kai Wieland
Backnang. „Manchmal wünsche ich mir, wir wären eine Teenieband und könnten den ganzen Tag zusammen abhängen und an Songs arbeiten“, sagt Biggi Binder lachend. Die Frontfrau der Soul- und Bluesband Wildflower und Lehrerin für Gesang und Stimmbildung an der Backnanger Jugendmusik- und Kunstschule nippt an ihrer Kaffeetasse und erhält Zustimmung von dem aus Frankreich stammenden Pianisten Jean-Pierre Barraqué: „Das wäre fantastique!“ Die beiden haben sich stellvertretend für ihre fünfköpfige Band, zu der neben ihnen auch der Bassist Rolf Kersting, Gitarrist Steve Mushrush und Drummer Thomas Keltsch zählen, in einem Café in der Backnanger Innenstadt zusammengefunden und plaudern über das noch junge gemeinsame Projekt. Wäre man tatsächlich eine Teenieband, hätten sich wahrscheinlich alle Bandmitglieder zum Interview versammelt. So aber zeigt sich das große Pfund von Wildflower und zugleich die höchste Hürde: Fünf etablierte und umtriebige Berufsmusikerinnen und -musiker bringen einen reichen Schatz an Kenntnissen, Fähigkeiten, Talenten und Erfahrungen ein – vorausgesetzt, sie alle finden einmal Zeit für eine gemeinsame Session.
Ein Ausgangspunkt war die Konzertreihe „Roots’n’Branches“
Zusammengefunden hat sich die Band nach und nach während der Coronapandemie. „Es gab keinen bestimmten Zeitpunkt, es war eher ein fließender Prozess“, erklärt Jean-Pierre Barraqué. Ein Ausgangspunkt sei die Konzertreihe „Roots’n’Branches“ des Bandhaus-Theaters gewesen, in der etablierte Musikerinnen und Musiker wie Binder und Barraqué gemeinsam mit Nachwuchskünstlern auf der Bühne standen. Aber auch bei anderen Gelegenheiten waren sie bereits aufeinandergetroffen, hatten gar zusammen Musik gemacht oder wussten zumindest über die Arbeit des jeweils anderen Bescheid. „Rolf spielt zum Beispiel bei der ,The Voice Kids‘-Band und arbeitet seit Jahren mit bekannten Musikern, wobei er auf dieses Namedropping gar nicht so abfährt“, erklärt Biggi Binder. „Steve macht sehr viel Studioarbeit, produziert und komponiert, war aber auch schon mit vielen Künstlern unterwegs. Und Thomas ist ein Schlagzeuger aller Stile, er spielt bei Dr. Mablues, macht aber auch Musicals und vieles mehr.“ Jean-Pierre Barraqué, der ein Aufnahmestudio in Freiberg am Neckar betreibt und seinerseits in verschiedene Bands und Projekte involviert ist, verdeutlicht die Vorteile von so viel versammelter Expertise: „Steve produziert beispielsweise unter anderem für einen Musikverlag, er kennt die Abläufe und die Konstruktion eines Stücks sehr gut und ist sehr effizient.“ Und auch die langjährige Sängerin von Wendrsonn Biggi Binder tanzt auf mehreren Hochzeiten: Neben Barbara Gräsle ist sie Teil des Duos Hearts and Bones, sie bildet mit Klaus Marquardt das Projekt Kaytobee und steht neben Micha Schad und abermals Klaus Marquardt zudem als Tiny Wings auf der Bühne. „Da wir alle mehrere Projekte haben, gibt es da kein Konkurrenzdenken“, versichert Binder.
Aber was hat fünf sichtlich gut ausgelastete Musiker dazu bewogen, sich einer weiteren Aufgabe in Form der Band Wildflower zu verschreiben? Biggi Binder muss darüber nicht lange nachdenken: „Es war immer ein Traum von mir, eigene Musik zu machen. Es macht einfach etwas mit einem und auch mit einer Band, wenn man zusammenarbeitet, Stücke schreibt und kreativ wird.“ Wildflower ist also gewissermaßen der Spielplatz für die schöpferische Energie, der alle fünf Künstler hier auf ihre Weise freien Lauf lassen können.
Eigene Songs und besondere Cover
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Die Entstehung der ersten Songs „Open Mind“ und „The Way“ steht sinnbildlich dafür. Im Studio lauschten Binder und Barraqué einem Demo, das Letzterer Jahre zuvor für ein Label produziert hatte und das dann aber in der Schublade gelandet war. Zu diesem schrieb die Sängerin erste Texte, noch ohne zu wissen, dass daraus eine Band erwachsen würde. Thematisch sind die Songs breit gefächert, auch diese kreative Freiheit genießt Biggi Binder: „Es hat immer auch einen autobiografischen Aspekt. ‚Open Mind‘ handelt davon, nach 15 Jahren Wendrsonn, was eine wirklich prägende Zeit für mich war, etwas Neues zu wagen. Dem ist schon eine musikalische Midlife-Crisis vorausgegangen.“ Es sei ein Wagnis gewesen, etwas Eigenes zu starten, noch dazu mit englischen Texten und gemeinsam mit anderen Musikern. „Das Lied war der Startschuss, sich zu trauen.“
Neben dem Komponieren ihrer Stücke verbindet die Bandmitglieder die Begeisterung für Künstler wie die Tedeschi Trucks Band oder Lizz Wright, die sie gemeinsam ausleben, nicht nur in Form eigener Songs. Bei Auftritten streben sie einen Mix von zwei Dritteln Eigenkompositionen und einem Drittel Coversongs an, wobei es sich dabei um Bands und Künstler handeln soll, die im Mainstream nicht allzu bekannt seien, erklärt Binder. „Unser Stil ist ein Gemisch“, fügt Barraqué hinzu. „Wir wollen nicht nur Blues oder nur Soul spielen, sondern zum Beispiel auch mal New Country, aber immer in unserem Wildflower-Sound, alles verbunden natürlich durch die Klangfarbe von Biggis Stimme.“
Geballte Kompetenz zahlt sich aus
Eine gemeinsame Richtung für diesen Wildflower-Sound zu finden, sei dennoch von Anfang an ein demokratischer und harmonischer Prozess gewesen, beteuern die beiden Bandkollegen. „Bei uns versucht keiner, sich in den Vordergrund zu drängen. Ich glaube, über diesen Punkt sind wir alle schon hinaus. Es ist ein sehr reifes Arbeiten“, sagt Binder. Stattdessen profitiere man von den Stärken, die jeder einbringe – gerade angesichts der wenigen Zeit, die man gemeinsam zur Verfügung habe, zahle sich die geballte Kompetenz aus. „Das Schöne ist, dass jeder von uns stark ist in dem, was er tut, und jeder weiß, wie man komponiert.“ Ein erstes Album soll im Laufe dieses Jahres entstehen, die ersten Stücke sind bereits aufgenommen. „Es ist das Projekt für 2024“, sagt die Sängerin zwinkernd.
Bei aller Freude am Komponieren und Aufnehmen sehen sich Wildflower letztlich dennoch vor allem als Liveband, die mit dem Publikum interagiert. „Wir sind keine Einzelgänger auf der Bühne, sondern wir sind immer eins, auch zusammen mit dem Publikum“, betont Barraqué. „Uns ist es wichtig, atmosphärisch zu arbeiten und Musik zum Genießen zu machen. Wir sind deshalb auch gerne in mittelgroßen, aber schönen, stimmungsvollen Locations, wo man auch mal publikumsnah ist, wie im Laboratorium in Stuttgart oder im Kabirinett in Großhöchberg“, erklärt Biggi Binder. „Die Zeit dafür müssen wir uns alle schon richtig aus den Rippen schneiden. Aber das macht jeder gern, weil es für uns etwas Besonderes ist, eigene Musik zu machen.“
Konzerte Wildflower spielen im Jahr 2024 mehrere Konzerte im Großraum Stuttgart, unter anderem am 28. März im Kulturnetzwerk Blaues Haus in Böblingen, am 19. April im Kulturcafé Schwäbisch Gmünd und am 25. Oktober im Soundwerk in Fellbach. Außerdem tritt die Band beim Backnanger Straßenfest am Sonntag, 23. Juni, um 20 Uhr am Obstmarkt auf. Mehr Infos findet man unter www.wildflower-band.de.