300 Jahre altes Haus in Backnang wird bis zum Sockel abgebrochen
Gravierende Schäden wegen eingedrungener Nässe haben den Abriss des 300 Jahre alten Hauses Aspacher Straße 8 in Backnang unumgänglich gemacht. Der Neubau soll etwa 300 Quadratmeter Nutzfläche haben und bis spätestens Mitte nächsten Jahres abgeschlossen sein.
Von Matthias Nothstein
Backnang. Das Gebäude Aspacher Straße 8 war einst bestimmt einmal ein prächtiges Fachwerkhaus. Trotzdem steht es nicht unter Denkmalschutz. Weil nun aber der Zahn der Zeit so richtig kräftig an der Substanz des Gebäudes genagt hat, muss dieses jetzt nahezu komplett abgebrochen werden.
Tobias Großmann, der Leiter des Backnanger Stadtplanungsamts, spricht davon, dass das Gebäudeensemble auf dieser Seite der Aspacher Brücke in gewisser Weise eine Analogie zur Situation an der Sulzbacher Straße darstellt. Dort wird aktuell ein Haus wiederaufgebaut, das als Brandruine seit Februar 2020 die Innenstadt nicht gerade bereichert hat (wir berichteten).
Mit dem Haus Aspacher Straße 8, in dem einstens Friseur Hartl beheimatet war, verhält es sich ebenso. Großmann beschreibt das Potenzial der beiden Häuser so: „In beiden Fällen handelt es sich um Brückenköpfe, welche eine städtebauliche Auftaktsituationen zur Altstadt beziehungsweise Innenstadt bilden.“
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Während aber das Haus in der Sulzbacher Straße einst bewohnt war und erst durch das Feuer vor vier Jahren unbewohnbar wurde, ist das Gebäude in der Aspacher Straße schon länger in einem nicht erhaltungswürdigen Zustand. Der Grund ist laut Großmann, dass das Haus über Jahre hinweg nicht instand gehalten wurde. Jetzt muss es abgerissen werden. Das Dach wurde bereits abgetragen, auch die Decke des zweiten Obergeschosses besteht nur noch aus den Querbalken. Seitlich lagert das Material des einstigen Dachstuhls und lässt keinen Zweifel daran: Hier war eine Sanierung nicht möglich. Auch das obere Mauerwerk ist schwer in Mitleidenschaft gezogen. Eingezogene Stahltrossen, die quer durch das Haus verlaufen, haben bislang verhindert, dass das gesamte Gebäude in sich zusammenbricht.
Ursprünglich wollten die neuen Eigentümer das Haus erhalten
Der Backnanger Architekt Jörg Wolf schätzt, dass das Gebäude etwa 300 Jahre alt ist. Auch er betont die schlechte Bausubstanz, „da hat es jahrelang reingeregnet“. Als die heutigen Eigentümer das Haus vor zwei Jahren gekauft haben, wollten sie das Gemäuer eigentlich erhalten. Es stellte sich aber relativ schnell heraus, dass der Erhalt utopisch ist. Wolf: „Wir haben in Abstimmung mit der Stadtverwaltung versucht, ein Gebäude mit einem architektonischen Anspruch zu entwickeln, der der Lage angemessen ist.“ Wolf freut sich, dass die Investoren den Weg mitgehen, „sie haben die Bedeutung des Hauses für das Stadtbild verstanden“. Auch Amtsleiter Großmann hebt auf die besondere Lage des Gebäudes ab: „Städtebaulich ist es aufgrund der Innenstadtlage als Ensemble mit der Nachbarbebauung von Bedeutung, gleichzeitig wird das Gebäude frühzeitig bei der Einfahrt aus der Aspacher Straße wahrgenommen.“
Eigentümer ist seit einiger Zeit ein junges Ehepaar aus Stuttgart. Im Rahmen der Bauberatung erfolgte laut Großmann ein mehrstufiger Abstimmungsprozess zwischen den Bauherren, dem Architekten und dem Stadtplanungsamt. Großmann: „Nachdem eine Sanierung aus bautechnischen und wirtschaftlichen Gründen ausgeschlossen werden musste, wurde mit dem Architekten ein Teilabbruch bis auf den Sockel und eine Wiederaufbauvariante entwickelt.“ Einfach ist der Wiederaufbau nicht. Großmann wörtlich: „Herausfordernd sind in diesen engen gewachsenen Strukturen immer auch die bauordnungsrechtlichen Fragestellungen sowie die historisch gewachsenen, teilweise vom Aufbau abweichenden Verhältnisse im Untergeschoss.“ Die Planer haben beim Neubau „auf das Zusammenspiel mit dem angrenzenden Gebäude, dessen Dachform, Sockelzone und dem Rhythmus der Fensterbänder Wert gelegt. Gleichzeitig kann es durch die Neuinterpretation des Altstadthauses und der Klinkersichtigkeit einen selbstständigen und bewussten modernen Akzent setzen.“
Flächen Das Grundstück misst nur etwas über 100 Quadratmeter. Die zukünftige Nutzung sieht laut Wolf im Erdgeschoss Gewerbeflächen mit weniger als 100 Quadratmetern vor. Das war auch früher so, als hier unter anderem der Friseursalon untergebracht war. Im ersten und zweiten Obergeschoss entsteht jeweils eine Wohnung, wobei das zweite Obergeschoss zusammen mit dem Dachgeschoss zu einer Maisonettewohnung ausgebaut wird. Die gesamte Nutzfläche summiert sich auf 300 Quadratmeter.
Abbruch Aktuell steht der Abbruch im Vordergrund. Die Arbeiten müssen aufgrund der beengten Verhältnisse von Hand vorgenommen werden. Am Ende bleiben nur die Außenwände des Erdgeschosses stehen.
Aufbau Dann geht es mit dem Wiederaufbau weiter. Wolf rechnet mit einer Fertigstellung des Projekts bis in 15 Monaten, „Anfang/Mitte 2025 soll alles fertig sein“. Dabei setzt er bei den Wänden auf die bewährte Holztafelbauweise.
Optik Die Optik wird sich sehr verändern. Anstelle eines Fachwerks soll das Haus eine Klinkerverkleidung erhalten. Der Sockel hingegen erstrahlt künftig in einer Bruchsteinoptik. Die Dachneigung und die Traufhöhen bleiben hingegen unverändert.
Heizung Beheizt wird das Haus künftig mit einer Luftwärmepumpe in Verbindung mit einer Fotovoltaikanlage.