AfD Backnang will Aufnahme von Geflüchteten verweigern

Kommunalwahl 2024 Bei der Backnanger Gemeinderatswahl will die Partei ihre Sitze verteidigen, die Liste ist diesmal aber nicht komplett.

Am 9. Juni können die Wählerinnen und Wähler abstimmen. Symbolfoto: Jörg Fiedler

© Jörg Fiedler

Am 9. Juni können die Wählerinnen und Wähler abstimmen. Symbolfoto: Jörg Fiedler

Von Kornelius Fritz

Backnang. Vor fünf Jahren hat die AfD zwei Sitze im Backnanger Gemeinderat erobert. Die möchte die Partei bei der Wahl am 9. Juni verteidigen – mindestens. Allerdings stehen diesmal keine 26, sondern nur 16 Personen auf der Liste, was die Wahlchancen schmälern könnte. Dass es im Gegensatz zu 2019 nicht gelungen ist, alle Listenplätze zu besetzen, führt Stadtrat Michael Malcher einerseits auf den Wegzug von Steffen Degler zurück, der viele Kontakte gehabt habe. Andererseits macht er auch öffentliche Anfeindungen gegenüber AfD-Kandidaten dafür verantwortlich. Viele Unterstützer würden sich deshalb nicht aus der Deckung trauen: „Wir sind froh über alle, die bereit waren, das zu riskieren.“

Dass Michael Malcher und auch seine Frau Betty wieder auf der Liste stehen, ist eine Überraschung, denn der Stadtrat lag mit dem AfD-Kreisvorstand im Clinch und war nicht nur aus der Kreistagsfraktion, sondern sogar aus der Partei ausgetreten. Noch im Februar war Malcher deshalb davon ausgegangen, dass ihn die AfD nicht wieder nominiert. Rechtzeitig vor der Wahl konnten die Differenzen aber ausgeräumt werden und die beiden amtierenden Stadträte sind wieder mit dabei – allerdings nur auf den Plätzen drei und fünf der Liste.

Angeführt wird diese vom Zahnarzt Steffen Balz und dem Immobilienunternehmer Artur Gerg. Beide sind politisch bisher noch nicht in Erscheinung getreten, Balz ist allerdings sehr aktiv in den sozialen Medien unterwegs. Insbesondere auf der Plattform X (ehemals Twitter) lässt er die Welt an seinen Gedanken teilhaben. Recht unverblümt macht er dort Stimmung gegen Geflüchtete, die er gerne als „Messerfachkräfte“ bezeichnet, und Homosexuelle („Man bringe mir einen Eimer“). In einem Beitrag zeigt er auch Verständnis für den Mörder des Kasseler Regierungspräsidenten Walter Lübcke. Darauf angesprochen, erklärt Balz: „Es gibt keine Rechtfertigung, jemanden zu erschießen. Aber ich kann durchaus verstehen, dass jemand irgendwann mal durchdreht.“ Immerhin habe Lübcke zu Protestierern gesagt, es stehe ihnen frei, Deutschland zu verlassen. „Das würde ich mir auch nicht sagen lassen“, erklärt Balz. Allerdings würde er sich nur verbal zur Wehr setzen.

Malcher lehnt Pläne zur Klimaneutralität ab

Beim Pressegespräch mit den AfD-Kandidaten nimmt das Thema Migration breiten Raum ein. Aber was soll hier der Backnanger Gemeinderat tun? Die Stadt steht ja ganz am Ende der Kette. Obwohl die Kommunen gesetzlich verpflichtet sind, Unterkünfte für Geflüchtete zu schaffen, plädiert Steffen Balz dafür, die Aufnahme der Menschen zu verweigern. „Ich habe was dagegen, dass man diesen Anweisungen blinde Gefolgschaft leistet“, sagt der 62-Jährige, der seine Zahnarztpraxis in Backnang Ende 2021 verkauft hat. Nur mit Widerstand und Druck von der Basis könne man die Politiker zum Umdenken bewegen.

Michael Malcher stimmt im Gemeinderat zwar häufig mit der Mehrheit, trotzdem erklärt er, er wolle jenen eine Stimme geben, die nicht dem Mainstream folgen. Das gilt aus seiner Sicht vor allem beim Thema Klimaschutz. Das Ziel, Backnang klimaneutral zu machen, hält Malcher für verfehlt. „Man muss den Bürgern klarmachen, wie viele Millionen und Milliarden das kostet“, sagt der Stadtrat und spricht von einem „grünen Wahnsinn, auch in der Verwaltung“. Den Bau von Windrädern lehnt er ebenso ab wie städtische Förderprogramme für Solaranlagen. Die Stadt unterstütze damit Hausbesitzer, die schon genug Geld hätten. „Was hat das mit sozial zu tun?“

Auch die Pläne für die Internationale Bauausstellung 2027 sehen die AfD-Kandidaten kritisch. Steffen Balz spricht von „Luftschlössern“, Michael Malcher stellt auch hier die Kostenfrage: „Die Stadt macht Pläne auf Grundstücken, die ihr nicht gehören. Und wer soll das Ganze bezahlen?“

Bei der Gemeinderatswahl peilt die AfD laut Malcher „zwischen zwei und fünf Sitze“ an. Allerdings beklagen die Kandidaten, dass ihnen der Wahlkampf durch Protestaktionen erschwert werde. Mehrfach hätten Antifa-Aktivisten Infostände der Partei mit Bannern blockiert. „So kommt keiner mehr zu unserem Stand“, berichtet Balz, und die Polizei habe sich „komplett passiv“ verhalten. Der AfD werde häufig Hass und Hetze vorgeworfen, dabei sei sie selbst Zielscheibe davon. Für Michael Malcher steht deshalb fest: „Die einzigen wirklichen Demokraten sind wir von der AfD.“

Kandidatinnen und Kandidaten

Für die AfD kandidieren vier Frauen und zwölf Männer:

Steffen Balz (1961), Zahnarzt i.R.; Artur Gerg (1984), Unternehmer; Michael Malcher (1960), Versicherungsfachmann; Ivan Belyy (1987), Angestellter im öffentlichen Dienst; Betty Malcher (1962), Bürokauffrau; Daniele Cotugno (1983), Vertriebsmitarbeiter im Außendienst; Konstantinos Papaemmanouil (1991), Produktionsmitarbeiter; Matthias Winkler (1967), Steuerfachangestellter i.R.; Katja Prinz (1971), Finanzbuchhalterin; Sandro Seidel (1971), Kfz-Mechatroniker; Ingo Markus Weller (1975), Maurer; Anastasia Gerg (1984), Fachangestellte für Arbeitsförderung; Francesco Cotugno (1946), Elektriker i.R.; Gerhard Förg (1947), Gerber i.R.; Ingrid Römer (1959), Qualitätsprüferin; Sergej Bem (1974), Industriemechaniker.

Backnanger Listen Vor der Kommunalwahl stellen wir in der Backnanger Kreiszeitung alle Listen, die in den Backnanger Gemeinderat einziehen wollen, einzeln vor. Fotos und Infos zu den Kandidatinnen und Kandidaten aus Ihrer Gemeinde finden Sie auch in unserem Wahlportal.

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Erstellt:
27. Mai 2024, 11:30 Uhr

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