Backnang will Kita-Öffnungszeiten prüfen
Eine Umfrage unter Eltern mit Kleinkindern zeigt, dass viele offenbar keinen passenden Betreuungsplatz finden. Ein neu gegründeter Kita-Beirat soll Vorschläge machen, wie Angebot und Nachfrage besser zusammenfinden.
Von Kornelius Fritz
Backnang. Eine Umfrage unter Backnanger Eltern zur Betreuung von Kindern unter drei Jahren hatte die Fraktion der Christlichen Initiative Backnang (CIB) im Gemeinderat lange gefordert. Im vergangenen Jahr wurde dieser Wunsch endlich erfüllt. Das von der Stadt beauftragte Institut Biregio aus Bonn hat insgesamt 1051 Backnanger Eltern mit einem oder mehreren Kleinkindern angeschrieben, immerhin 351 davon schickten den Fragebogen ausgefüllt wieder zurück. Das entspricht einer Quote von 33,4 Prozent. Im neu gegründeten Kita-Beirat (siehe Infotext) wurden die Ergebnisse nun analysiert.
Interessant ist etwa, dass rund 67 Prozent der Eltern grundsätzlich Bedarf für ein U-3-Betreuungsangebot anmelden. Tatsächlich ist der Anteil der Kinder, die bereits in diesem Alter extern betreut werden, aber deutlich geringer. 62 Prozent gaben an, dass sie ihr Kind am liebsten in einer Kita betreuen lassen wollen, elf Prozent bevorzugen Tageseltern, 15 Prozent Familienangehörige oder Freunde, zwölf Prozent wollen ihr Kind gar nicht in fremde Hände geben. Unterschiede gibt es dabei zwischen Kindern aus deutschsprachigen Elternhäusern und solchen mit ausländischen Wurzeln. So werden Tageseltern von Migranten fast überhaupt nicht als Betreuungsmodell der Wahl genannt. „Das könnte daran liegen, dass das Angebot in dieser Personengruppe nicht ausreichend bekannt ist“, vermutet Marvin Schlicht von Biregio.
Betreuung zu Hause ist
für 53 Prozent eine Option
Auch zu den gewünschten Betreuungszeiten wurden die Eltern befragt. Einer Mehrheit von 61 Prozent genügt ein Angebot bis 14 Uhr, immerhin 19 Prozent gaben aber an, dass sie ihr Kind gerne bis 16 Uhr betreuen lassen würden. Vor allem Eltern mit nur einem Kind wünschen sich längere Betreuungszeiten. Von den Eltern, die bisher keine Betreuungsangebote nutzen, nannten 33 Prozent als Grund, dass sie keinen Platz mit passenden Zeiten gefunden hätten. 32 Prozent finden die Betreuung zu teuer. Auch das Gesamturteil über die Betreuungsangebote in Backnang fällt eher durchwachsen aus: 33 Prozent sind damit zufrieden, aber auch 24 Prozent unzufrieden.
Und was sind die Gründe, warum Eltern Betreuungsplätze brauchen? Der Wunsch, weiter berufstätig sein zu können, spielt dabei natürlich eine wichtige Rolle: 86 Prozent der Befragten nannten dies als Grund. Sogar noch etwas häufiger (88 Prozent) wurden aber die Kontakt- und Spielmöglichkeiten in der Betreuungseinrichtung genannt. Womit wir beim Lieblingsthema von Lutz-Dietrich Schweizer wären. Der CIB-Stadtrat vertritt die These, dass viele Eltern ihre Kleinkinder lieber selbst betreuen würden, wenn sie mehr finanzielle Unterstützung bekämen. Aber stimmt das wirklich?
Auch das wurde in der Umfrage abgefragt und tatsächlich gaben 53 Prozent der Eltern an, dass sie ihr Kind zu Hause betreuen würden, wenn sie dafür einen finanziellen Ausgleich bekämen. Interessant: Bei den nicht deutschsprachigen Haushalten liegt dieser Anteil nur bei 18 Prozent.
Eine Art „Backnanger Elterngeld“ wäre ein ziemlich teurer Spaß
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Gefragt wurde auch, wie hoch eine solche Ausgleichszahlung aus Sicht der Eltern sein müsste: 40 Prozent antworteten darauf „mehr als 600 Euro“, weitere 18 Prozent „zwischen 400 und 600 Euro.“ Eine Art „Backnanger Elterngeld“, wie es sich die CIB wünscht, wäre für die Stadt also ein ziemlich teurer Spaß.
Welche Chancen und Probleme gibt es in den Backnanger Kitas? Lesen Sie hier unser Interview mit der Sprecherin des Gesamtelternbeirats Lea Bulling.
Im Kita-Beirat gab es deshalb auch kein gesteigertes Interesse, dieses Thema weiter zu vertiefen. Stattdessen definierte das Gremium bei einer Abstimmung zwei andere Handlungsschwerpunkte. So soll sich eine Arbeitsgruppe mit dem Thema Öffnungszeiten beschäftigen, eine andere soll Vorschläge machen, wie unterschiedliche Betreuungsmodelle, etwa die Tagespflege, noch bekannter gemacht werden können, gerade auch bei ausländischen Familien. CIB-Stadtrat Lutz-Dietrich Schweizer nannte die Umfrageergebnisse „erstaunlich und für unseren weiteren Weg sehr hilfreich“. Andere Mitglieder des Kita-Beirats äußerten sich allerdings auch skeptisch. „Die Umfrage kann auch zu vielen Fehlschlüssen führen“, warnte etwa Pia Täpsi-Kleinpeter. Wie einige andere Mitglieder des Beirats äußerte die SPD-Stadträtin Zweifel, ob diejenigen, die sich an der Umfrage beteiligt haben, wirklich repräsentativ für alle Backnanger Eltern sind. So lässt etwa die Tatsache, dass ein Viertel der befragten Eltern ein Haushaltseinkommen über 7000 Euro angibt, vermuten, dass unter den Teilnehmern viele gut verdienende Akademiker waren. Ausländische Familien waren dagegen wohl eher unterrepräsentiert.
Projektleiter Marvin Schlicht von Biregio räumte ein, dass die Stichprobe nicht 100-prozentig repräsentativ ist. Um noch bessere Ergebnisse zu bekommen, müsste man gegebenenfalls eine Nacherhebung machen, bei der man gezielt die Zielgruppen anspricht, die sich in der ersten Runde zu wenig beteiligt haben. Für aussagekräftig hält Schlicht die Umfrageergebnisse aber auch schon jetzt.
Mitglieder Der Kita-Beirat ist ein neues Gremium, das von der Stadt Backnang ins Leben gerufen wurde. Der Arbeitskreis besteht aus insgesamt 20 Personen. Neben zwölf Mitgliedern des Gemeinderats gehören ihm Vertreter der freien und kirchlichen Kita-Träger, der Eltern und der Migranten an. Geleitet wird das Gremium von Sozialdezernentin Regine Wüllenweber.
Befragung Die Auswertung der Elternbefragung ist das erste große Projekt des Kita-Beirats. In der Auftaktsitzung wurden zwei Arbeitsgruppen gebildet, die sich nun intensiver mit den Themen Öffnungszeiten und Information der Eltern beschäftigen werden. Am Ende soll der Kita-Beirat dem Sozialausschuss Empfehlungen für das weitere Vorgehen geben.
Weitere Aufgaben Das Gremium ist auf Dauer angelegt und soll sich auch nach der Auswertung der Elternbefragung regelmäßig treffen. Dann soll sich der Beirat zum Beispiel mit der Bedarfsplanung aller Kitas in Backnang beschäftigen. Wie oft der Kita-Beirat zu Sitzungen zusammenkommt, steht nach Angaben von Regine Wüllenweber allerdings noch nicht fest.