Blitzeranhänger wird dauerhaft in Backnang eingesetzt
Die Testphase mit dem neuen Gerät ist aus Sicht der Stadt Backnang erfolgreich verlaufen. Deshalb soll es nun regelmäßig zur Geschwindigkeitsüberwachung eingesetzt werden. Dafür werden auch zwei neue Stellen in der Verkehrsbehörde geschaffen.
Von Kornelius Fritz
Backnang. Wer häufiger mit dem Auto in Backnang unterwegs ist, der kennt ihn bereits: Seit vergangenem September war der dunkle Anhänger mit dem Kameraaufsatz regelmäßig an verschiedenen Stellen in der Stadt zu sehen. Dann hieß es aufpassen und gegebenenfalls auf die Bremse treten, um nicht geblitzt zu werden. Backnangs erste semistationäre Geschwindigkeitsmessanlage war bislang allerdings nur testweise im Einsatz. Für dreieinhalb Monate hatte die Stadt sie vom Hersteller gemietet. Die sind mittlerweile vorbei, aktuell steht der Blitzeranhänger nicht mehr in Backnang. Doch die Verschnaufpause für Temposünder währt nicht lange: Spätestens ab Mai möchte die Stadt die Anlage wieder einsetzen – diesmal auf Dauer.
„Sobald das Gerät steht, tritt der gewünschte Effekt ein“, fasst Verwaltungsdezernent Timo Mäule die Erfahrungen aus der Testphase zusammen. So gingen die Geschwindigkeiten an den entsprechenden Stellen nach kurzer Zeit spürbar zurück. Und diese Wirkung blieb auch erhalten, nachdem der Anhänger an einen anderen Standort versetzt worden war. „Die Geschwindigkeiten in der Stadt sind generell geringer geworden“, berichtet Ordnungsamtsleiter Gisela Blumer. Da man nie weiß, wo der Blitzer gerade steht, fahren viele Autofahrer offenbar insgesamt vorsichtiger.
Diejenigen, die es nicht tun, müssen zahlen. Und das sind nicht wenige: Während der dreieinhalb Monate langen Probezeit hat das Gerät 3230 Geschwindigkeitsverstöße erfasst. In 337 Fällen wurde die Geschwindigkeit dabei sogar um mehr als 15 Kilometer pro Stunde überschritten. Die höchsten Geschwindigkeiten wurden laut Gisela Blumer in der Oberen Bahnhofstraße gemessen. Dort wurde ein Autofahrer mit mehr als 70 Kilometern pro Stunde erwischt – erlaubt ist Tempo 40.
Gerät misst auch nachts
die Geschwindigkeiten
Für die Stadt hat das neue Messgerät viele Vorteile. Der wichtigste: Die Anlage funktioniert ohne Personal. Das ermöglicht Kontrollen über einen längeren Zeitraum. In der Regel steht der Anhänger etwa eine Woche am selben Standort und überwacht die Geschwindigkeiten nicht nur tagsüber, sondern auch in der Nacht. „Das trägt auch zur Lärmreduzierung bei“, sagt Gisela Blumer. Außerdem kann die Anlage des Herstellers Jenoptik jeweils zwei Spuren in beiden Fahrtrichtungen gleichzeitig überwachen.
Im Gegensatz zu einem stationären Blitzer sind die Anhänger flexibel einsetzbar und sie wirken nachhaltiger. Bei fest installierten Geräten tritt laut Timo Mäule nämlich schnell ein Gewöhnungseffekt ein. Ortskundige Autofahrer bremsen dann nur noch kurz runter, um hinter dem Blitzer wieder zu beschleunigen. Günstig sind die sogenannten Enforcement Trailer aber nicht: Der Kaufpreis liegt bei rund 270.000 Euro. Die Stadt Backnang favorisiert allerdings eine langfristige Miete. Das hat laut Mäule den Vorteil, dass der Hersteller einen störungsfreien Betrieb garantiert und gegebenenfalls Ersatz bereitstellt. Das ist deshalb sinnvoll, weil die Anhänger häufig zur Zielscheibe von Vandalismus und gezielten Attacken werden. Außerdem habe man nach zwei Jahren die Möglichkeit, auf ein moderneres Gerät umzusteigen.
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Die monatlichen Mietkosten liegen bei rund 9.500 Euro. Bleibt die Zahl der Verstöße so hoch wie in der Testphase, dürften die Bußgelder diese Summe deutlich übersteigen. Mit der Miete allein ist es aber noch nicht getan. Es braucht auch Personal, um die Fotos auszuwerten und die Bußgeldbescheide zu bearbeiten. Dafür will die Stadt zwei zusätzliche Stellen im Rechts- und Ordnungsamt schaffen. „Ich bin mir aber nicht sicher, ob wir sie auch besetzen können“, erklärt Timo Mäule.
Dem gerne geäußerten Verdacht, dass sich die Stadt mit den Geschwindigkeitskontrollen vor allem ihre Kassen füllen möchte, tritt der Verwaltungsdezernent entschieden entgegen. „Unser Ziel ist es nicht, die Einnahmen zu optimieren“, betont Timo Mäule. Vielmehr gehe es um die Verkehrssicherheit: Als Standorte für die Kontrollen wähle man deshalb schwerpunktmäßig Schulwege, Unfallschwerpunkte und andere Gefahrenstellen aus.
Stadträte berichten
von ersten Erfolgen
Auch die Mitglieder des Gemeinderats halten die Anschaffung des neuen Messgeräts für notwendig. Der Ausschuss für Technik und Umwelt sprach dazu am Donnerstagabend eine einstimmige Beschlussempfehlung aus. „Wir wären froh, wenn wir ohne diese Geräte auskommen würden“, erklärte Siglinde Lohrmann (SPD). Die Erfahrung habe aber gezeigt, dass es ohne Kontrollen nicht gehe. Gerhard Ketterer (CDU) sieht das ähnlich: „Es gibt Regeln und an die sollte man sich halten“. Einige Stadträte berichteten von positiven Erfahrungen aus der Testphase. „Seit wir dieses Gerät haben, hat sich die Lage in der Sulzbacher Straße nachts extrem beruhigt“, hat Michael Malcher (AfD) festgestellt. Charlotte Klinghoffer (Bürgerforum/FDP), die dort ihr Büro hat, kann das bestätigen: „Meine Scheibe bebt seitdem nicht mehr so oft.“
Stimmt der Gemeinderat in seiner nächsten Sitzung zu, will Gisela Blumer das neue Gerät umgehend bestellen. Spätestens ab Mai wird man es dann wieder regelmäßig am Straßenrand sehen. Zunächst nur in Backnang, doch gegen eine Kostenbeteiligung möchte die Stadt den acht Gemeinden der vereinbarten Verwaltungsgemeinschaft anbieten, auch dort Geschwindigkeitsmessungen mit dem Enforcement Trailer durchzuführen. Zwei Kommunen haben laut Blumer bereits Interesse angemeldet.
Messungen Neben der neuen semistationären Anlage setzt die Stadt Backnang drei mobile Geräte zur Geschwindigkeitsüberwachung ein. Mit diesen wurden im vergangenen Jahr insgesamt 316 Messungen durchgeführt, bei denen rund 1,8 Millionen Fahrzeuge erfasst wurden. Dabei wurden 11.538 Geschwindigkeitsüberschreitungen registriert. Die Quote der zu schnellen Fahrzeuge lag bei 0,62 Prozent.
Bußgelder Die jährlichen Einnahmen der Stadt durch Bußgelder beziffert Ordnungsamtsleiterin Blumer auf rund 570.000 Euro. Neben Verkehrsverstößen sind darin auch andere Ordnungswidrigkeiten, etwa Verstöße gegen das Gewerberecht, enthalten.