Fantastisch feministischer Salon zum Weltfrauentag in Backnang
In der Beletage findet am Weltfrauentag (8. März) der „Salon du Fémtastique“ statt. Die Initiatorinnen wollen die Themen Feminismus, LGBTQ und mentale Gesundheit in den Vordergrund rücken.
Von Lorena Greppo
Backnang. Die Beletage in der Backnanger Marktstraße erinnert ein bisschen an ein Wohnzimmer, aufgeteilt in mehrere Räume. „Man kommt rein und fühlt sich willkommen“, findet Allegra Conrad. Diese einladende Wirkung der Räume macht die Beletage geradezu perfekt für das Programm, das hier am 8. März, dem Weltfrauentag, geboten sein wird. Eine feministisch-queere Party mit Vorträgen, Workshops, Diskussionen, einer Kunstausstellung, Musikaufführen und einer Drag Show zum Abschluss sind Teil des „Salon du Fémtastique“, den Ulrike Schlag und Allegra Conrad auf die Beine gestellt haben (siehe Infotext). Was es an diesem Tag nicht geben wird: männliche Besucher. „Wir hassen keine Männer“, räumt Allegra Conrad mit einem Klischee des Feminismus auf. Es gehe vielmehr um etwas anderes: „Die Veranstaltung soll ein ‚Safe space‘ (sicherer Raum) sein, in den Flinta kommen können, ohne beurteilt oder verurteilt zu werden“, erklärt Allegra Conrad. „Flinta“ steht für Frauen, Lesben, inter, nicht-binäre, trans und agender Personen. „Von der Gestaltung des Programms bis zum Abend am 8. März ist kein Mann beteiligt“, führt Ulrike Schlag aus. Nur im Vorfeld, beim Verteilen der Flyer und dem Tragen von Getränkekisten und Ähnlichem, hilft etwa eine Gruppe geflüchteter junger Männer aus Afghanistan mit.
Die Zielgruppe ist bewusst weiter gefasst
Worum aber geht es bei dieser Veranstaltung? Der Salon diente im 18. Jahrhundert dem freien Ideenaustausch sowie der Aufklärung. Daran soll angeknüpft werden. Das Themenspektrum orientiert sich an den drei Grundpfeilern Feminismus, LGBTQ und mentale Gesundheit. Hierfür haben sich die Initiatorinnen die stationären ambulanten Angebote Backnang (Samba), die Diakonische Jugendhilfe Region Heilbronn, die Eva Stuttgart und den Rems-Queer-Kreis an die Seite geholt.
Dass Feminismus am Weltfrauentag ein prägendes Thema ist, hat vielerorts Tradition. Aber die beiden Frauen wollen die Zielgruppe bewusst weiter fassen. Denn bislang fehle es an Raum für Flinta, an Angeboten, die sie direkt ansprechen. Der Rems-Queer-Kreis leiste hier schon richtig viel gute Arbeit, sagt Ulrike Schlag. Sie sieht Backnang daher auch auf einem guten Weg – und will genau dabei mitwirken. „Wir wollten etwas auf die Beine stellen, das einschlägt und nachwirkt.“ Die Menschen sollen zum Nachdenken angeregt werden.
Ausgewiesene Fachkräfte referieren
Auch der Themenkomplex mentale Gesundheit liege nicht nur allgemein am Puls der Zeit, sondern habe Bezüge zum Feminismus, führt Allegra Conrad aus, die für Samba arbeitet und sich darüber hinaus im Stadtjugendring engagiert. „Im ambulanten Bereich ist mentale Gesundheit ein Riesenthema“, weiß sie. Probleme wie Essstörungen, Selbstverletzungen und Sozialphobien betreffen Mädchen und weibliche gelesene Personen besonders häufig.
Weitere Themen
„Momentan wird man mit verschiedensten Coaching-Angeboten überschwemmt“, fügt Allegra Conrad hinzu. Bei vielen wisse man nicht genau, wie seriös sie sind. Die Veranstalterinnen haben es sich daher zur Aufgabe gemacht, nur ausgewiesene Fachkräfte und Expertinnen einzuladen – wie sie selbst es auch sind. Ulrike Schlag ist studierte Kunsttherapeutin, Allegra Conrad ist studierte Sozialpädagogin.
Anbindung bei verschiedenen Anliegen
Weil ein Tag mit geballtem Programm für manche Menschen vielleicht ein wenig viel wird, haben sich die Frauen etwas einfallen lassen. Für alle Teilnehmenden gibt es eine sogenannte Goodie Bag, eine voll gepackte Tasche zum Mitnehmen. Denn schließlich soll der „Salon du Fémtastique“ eine nachhaltige Veranstaltung sein. „Es ist wichtig, dass die Menschen im Nachgang Anbindung finden“, sagt Allegra Conrad. Sie sollen wissen, wohin sie sich bei verschiedenen Anliegen wenden können. Oft gebe es da hohe Hemmschwellen, weiß auch Ulrike Schlag. Am 8. März biete sich hingegen die Gelegenheit, sich im lockeren Kontext kennenzulernen.
Gäste sind Teil des Programms
Ihr geht es vor allem um sogenanntes Empowerment – also Ermutigung zur Selbstbestimmtheit. „Mein größter Wunsch ist es, dass die Teilnehmerinnen sich danach selbstwirksamer und stärker fühlen“, sagt die Backnangerin. Mit dem Wissen aus dem Vortrag über Finanzen gestärkt können sie etwa in die nächste Gehaltsverhandlung gehen oder sich durch den Drag-Make-up-Workshop ermutigt fühlen, ein Kleidungsstück zu tragen, wozu sie sich bisher nicht getraut haben. Hier setzen die Initiatorinnen auch auf den Vorbildcharakter auch der Teilnehmenden und der Referentinnen. „Es wird ein Fest der starken Menschen“, sagt Allegra Conrad. Hier werden nicht einfach Inhalte frontal vermittelt und die Gäste lassen sich berieseln. Alle sind Teil des Programms – etwa durch das Einbringen in die Diskussionen oder auch durch die Teilnahme an einem der Workshops. Ist das Konzept ein Erfolg, so soll der Salon auch in Zukunft wieder stattfinden.
Eckdaten Der „Salon du Fémtastique“ findet am Freitag, 8. März ab 16 Uhr (Einlass 15.30 Uhr) in der Beletage in Backnang, Marktstraße 32, statt. Der Eintrittspreis wird demnächst bekannt gegeben. Im Eintritt enthalten sind das gesamte Programm, Getränke, Snacks (auch vegetarisch, vegan oder glutenfrei) und eine prall gefüllte Goodie Bag. Um Anmeldung wird gebeten, entweder via E-Mail an ulrike.schlag@posteo.de oder über das Kontaktformular unter https://ulrikeschlag.de.
Zielgruppe Es handelt sich um ein feministisch-queeres Event, bei dem ausschließlich Flinta (Frauen, Lesben, inter, nicht-binäre, trans und agender Personen) teilnehmen können. Teilnehmende müssen 18 Jahre alt sein oder zwischen 16 und 18 Jahren in Begleitung einer erwachsenen Person teilnehmen.
Programmpunkte Nach der Eröffnung des Events startet Ulrike Schlag um 16.30 Uhr das Programm mit einem Vortrag zum Thema „Mentale Gesundheit“ mit Augenmerk auf die Situation von Flinta. Um 17.15 Uhr ist ein Workshop mit Sylvia Brand zum Thema „Hilfe zur Selbsthilfe – Tapping bei unangenehmen, überwältigenden Gefühlszuständen“ geboten. Gleichzeitig gibt es eine Präsentation mit Angelina Helmcke zum Thema „Schatztruhe des Lebens – ein Blick in die faszinierende Welt der Fruchtbarkeit“. Dieser beinhaltet auch die Möglichkeit, einen Livetest zum Hormonstatus zu machen. Um 18.30 Uhr startet der Drag-Make-up-Workshop „Make-up und Mode außerhalb des Geschlechterstandards“ mit Drag Artist Janda Illusion. Ein Grundstock an Make-up wird gestellt, doch wer Interesse an einer Teilnahme hat, wird gebeten, zusätzlich eigenes Make-up mitzubringen. Zeitgleich gibt es einen Impulsvortrag und Austausch mit Franziska Hermann zum Thema Herausforderungen und Strategien in Sachen Finanzen unter dem Titel „Female Finance – Female Success“. Um 19.30 Uhr startet unter dem Titel „Mut tut gut! – Wie bieten wir dem Gender Pay Gap die Stirn?“ eine Podiumsdiskussion mit dem Verein Femtec Alumnae. Der Abend schließt um 21 Uhr mit einer Drag Performance mit Janda Illusion.
Rahmenprogramm Am Veranstaltungstag werden zudem Werke von Künstlerinnen des Kunstvereins Aspach ausgestellt. Der Rems-Queer-Kreis wird einen Infostand betreiben, zudem sind eine feministische Lesung, Livemusikbeiträge, eine Infoausstellung zur Geschichte des Feminismus sowie eine Tombola geboten. Es wird in der Beletage darüber hinaus verschiedene Ruhezonen geben, wo keine oder wenige Aktionen statt finden. Wer von unangenehmen Gefühlen überwältigt wird, kann sich an das Organisationsteam wenden und sich in einen Raum zurückziehen, der für andere nicht zugänglich ist.