Prämie wirkt gegen Leerstand in Backnang
Im vergangenen Jahr hat die Stadt Backnang eine Wiedervermietungsprämie für Hauseigentümer eingeführt. Elf leer stehende Wohnungen sind dadurch wieder auf den Markt gekommen.
Von Kornelius Fritz
Backnang/Auenwald. Wie viele Wohnungen in Backnang leer stehen, weiß keiner so genau. „Wir führen darüber keine Liste“, sagt der städtische Kämmerer Alexander Zipf. Das wäre auch schwierig, weil kein Hauseigentümer bei der Stadt melden muss, ob er eine Wohnung vermietet hat oder nicht. Tatsächlich gibt es aber etliche Immobilienbesitzer, die freie Wohnungen aus unterschiedlichen Gründen nicht auf den Markt bringen.
„Manche wollen sich keine fremden Leute ins Haus holen, viele haben auch schon schlechte Erfahrungen mit Mietern gemacht“, weiß Jürgen Schwab, Vorsitzender beim Eigentümerverein Haus&Grund Backnang und Umgebung. Vor allem ältere Hausbesitzer fühlten sich oft auch vom Verwaltungsaufwand überfordert. „Die Nebenkostenabrechnung ist so komplex geworden, dass sie ein Laie gar nicht mehr alleine erstellen kann“, erklärt Schwab.
Aber natürlich hat die Stadt großes Interesse daran, dass der vorhandene Wohnraum auch genutzt wird. Denn es fehlen nicht nur Unterkünfte für Geflüchtete, auch Einheimische mit geringem Einkommen tun sich schwer, eine geeignete Bleibe zu finden. Anders als einige andere Städte (siehe Infotext) will man die Eigentümer in Backnang allerdings nicht mit Strafandrohungen und Sanktionen zur Vermietung motivieren, sondern setzt stattdessen auf Anreize. Seit 1. Juli 2023 können Vermieter, die eine Wohnung wieder auf den Markt bringen, bis zu 1600 Euro Prämie kassieren. Voraussetzung ist, dass die Wohnung zuvor mindestens sechs Monate leer stand. Laut Alexander Zipf haben mittlerweile bereits elf Vermieter von diesem Angebot Gebrauch gemacht. Dabei wurden insgesamt 15265 Euro ausgeschüttet.
Das Geld stammt nicht aus dem städtischen Haushalt, sondern vom Land Baden-Württemberg. Dieses belohnt Kommunen, die bei der Vermittlung von Wohnraum selbst aktiv werden, mit einer Prämie von zwei Monatsmieten, maximal jedoch 2000 Euro pro Wohnung. Der Backnanger Gemeinderat hatte im vergangenen Jahr beschlossen, dieses Geld zu 80 Prozent an die Hauseigentümer weiterzugeben.
Auenwald gibt Prämie bisher
nicht an Vermieter weiter
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Ein Vorgehen, das durchaus umstritten ist. In Auenwald war man etwa der Meinung, dass das gar nicht zulässig ist. Dort hat
die Gemeinde laut Bürgermeister Kai-Uwe Ernst bisher zwei leer stehende Wohnungen vermittelt, die Prämie vom Land blieb jedoch in der Gemeindekasse. In Backnang ist man sich hingegen sicher, dass die Weitergabe des Geldes an die Vermieter rechtens ist. Alexander Zipf erklärt, man habe sich vorher extra beim Fördergeber erkundigt und die Auskunft erhalten, dass dies zulässig sei. Auch in Auenwald will man sich jetzt noch einmal schlaumachen: „Wir prüfen gerade, ob wir auch private Eigentümer an der Prämie partizipieren lassen können“, sagt Bürgermeister Ernst.
Über die Frage, ob elf vermittelte Wohnungen in acht Monaten viel oder wenig sind, kann man sicher unterschiedlicher Meinung sein. „Es hört sich nicht so viel an“, sagt Alexander Zipf. Wenn man allerdings dagegenhalte, was es gekostet hätte, wenn die Stadt diese Wohnungen hätte neu bauen müssen, sei das Programm sogar „sehr erfolgreich“. Auch Jürgen Schwab von Haus&Grund sieht die Förderung positiv. „Die Prämie kann zum Beispiel als Zuschuss für notwendige Investitionen in die Wohnung verwendet werden“, sagt der Vorsitzende. Allerdings glaubt er, dass sich das Leerstandsproblem mit Geld alleine nicht lösen lässt. Schließlich verzichten die Eigentümer, die die Prämie bekommen können, ja auch schon länger freiwillig auf Mieteinnahmen. Wichtiger ist aus seiner Sicht, dass die Stadt die Vermieter unterstützt und ihnen Sicherheiten bietet.
Genau dafür gibt es in Backnang die Wohnraumvermittlungsstelle, die bei der Stadtkämmerei angesiedelt ist. Dort können sich Eigentümer melden, die eine freie Wohnung anbieten wollen. Eine städtische Mitarbeiterin stellt dann den Kontakt zu geeigneten Mietern her und hilft bei den Formalitäten. Falls gewünscht, mietet die Stadt die Wohnung auch selbst an. So haben die Eigentümer sichere Mieteinnahmen und weniger Aufwand. „Ich glaube, dass das der größere Anreiz ist als die Wiedervermietungsprämie“, sagt Jürgen Schwab.
Auch Eric Bachert vom Mieterbund Backnang und Umgebung begrüßt die Bemühungen der Stadt. „Jede Möglichkeit, die dazu beiträgt, bezahlbaren Wohnraum zu schaffen, ist gut“, sagt der Vorsitzende. Allerdings ist für ihn auch klar: Die Aktivierung einiger leer stehender Häuser wird das Problem des Wohnungsmangels nicht lösen. „Viel wichtiger ist, dass wieder mehr gebaut wird und neuer Wohnraum geschaffen wird“, fordert Bachert.
Wohnraumvermittlung Die Vermittlungsstelle der Stadt Backnang unterstützt Eigentümer bei der Vermietung ihrer Immobilien. Sie ist erreichbar unter Telefon 07191/894-598. Weitere Informationen gibt es online unter: www.backnang.de/service/ wohnraumvermittlung
Satzung Die Stadt Tübingen hat bereits 2017 eine Satzung gegen die Zweckentfremdung von Wohnraum eingeführt. Wer eine Wohnung ohne plausiblen Grund leer stehen lässt, kann demnach mit einem Bußgeld von bis zu 100000 Euro bestraft werden. Leer stehende Gebäude erfasst die Stadt über das Melderegister, bei leer stehenden Wohnungen ist sie auf Hinweise aus der Bevölkerung angewiesen.
Sanktionen Wie die Tübinger Stadtverwaltung auf Anfrage mitteilt, wurde bisher allerdings noch nie ein Bußgeld gegen einen Hausbesitzer verhängt. Dies sei aber auch nicht primäres Ziel der Satzung, erklärt die stellvertretende Pressesprecherin Anja Degner-Baxmann. Wenn die Stadtverwaltung auf leer stehende Wohnungen aufmerksam werde, nehme man Kontakt mit den Eigentümern auf mit dem Ziel, den Wohnraum wieder auf den Markt zu bringen.