Günstige Wohnungen bleiben in Backnang Mangelware

Kommunalwahl 2024 Für das Wohnungsangebot vergeben die Teilnehmer unserer Umfrage nur die Note 3,4. Erster Bürgermeister Stefan Setzer bestätigt die Probleme, erwartet aber eine spürbare Verbesserung in den kommenden Jahren.

Auf der Oberen Walke sollen in den kommenden Jahren rund 450 Wohnungen entstehen, darunter 120 mit Sozialbindung.

© Alexander Becher

Auf der Oberen Walke sollen in den kommenden Jahren rund 450 Wohnungen entstehen, darunter 120 mit Sozialbindung.

Von Kornelius Fritz

Backnang.Die Ergebnisse des 2. BKZ-Bürgerbarometers bestätigen es: In Backnang lässt es sich gut leben – vorausgesetzt man hat eine passende Wohnung, die auch bezahlbar ist. Denn das ist hier wie in der gesamten Region Stuttgart keine Selbstverständlichkeit. „Der Wohnungsmarkt in Backnang ist sehr angespannt. Für Menschen mit begrenztem Budget ist es schwierig, etwas zu finden“, weiß Erster Bürgermeister Stefan Setzer. Vor allem größere Wohnungen für kinderreiche Familien seien Mangelware. Auf der städtischen Warteliste für geförderte Sozialwohnungen stehen laut Setzer derzeit rund 240 Namen.

Das spiegelt sich auch in den Ergebnissen der repräsentativen Umfrage wider, die die Gesellschaft für Markt- und Absatzforschung (GMA) im Auftrag unserer Zeitung durchgeführt hat. Bei der Bewertung des Wohnungsangebots in der Stadt vergaben nur 1,1 Prozent der Befragten die Schulnote „sehr gut“, 16,3 Prozent bewerteten es mit „gut“. Für die große Mehrheit ist das Angebot bestenfalls „befriedigend“, die Durchschnittsnote liegt bei 3,4. In den vergangenen fünf Jahren hat sich daran aus Sicht der Bürgerinnen und Bürger auch nichts geändert. Beim ersten BKZ-Bürgerbarometer im Jahr 2019 hatten sie exakt dieselbe Durchschnittsnote vergeben.

Günstige Wohnungen bleiben in Backnang Mangelware

Haben Verwaltung und Gemeinderat diesem Thema also zu wenig Beachtung geschenkt? Stefan Setzer widerspricht: Er verweist auf mehrere Projekte, die bereits im Bau sind, etwa am Dresdener Ring, wo die Baugeno Backnang im Juni einen Neubau mit 50 Mietwohnungen einweihen wird, oder in der Karl-Krische-Straße, wo die Kreisbaugesellschaft 48 Wohnungen auf dem ehemaligen Krankenhausparkdeck erstellt. Und auch auf der Oberen Walke geht es voran: Noch in diesem Jahr ist dort laut Setzer Baustart für die ersten 100 Wohneinheiten, im Endausbau sollen dort bis zu 450 Wohnungen zur Verfügung stehen.

Stefan Setzer sieht Sozialquote als Erfolg

Bei diesen Projekten werden auch jeweils Sozialwohnungen mit reduzierten Mieten angeboten. Seit 2020 ist das bei allen größeren Wohnbauvorhaben in Backnang Pflicht: Je nach Größe des Objekts liegt die Sozialquote zwischen 15 und 25 Prozent. Nach Setzers Einschätzung hat sich diese Regelung bewährt: „Wir als Stadt könnten den Bedarf an Sozialwohnungen mit eigenen Mitteln gar nicht abdecken. Das funktioniert nur, wenn sich auch die Privatwirtschaft engagiert.“ Dass die Sozialquote Investoren abschreckt, wie manche befürchten, glaubt der Erste Bürgermeister nicht. Solche Quoten seien mittlerweile in vielen Städten üblich: „Das ist kein Hinderungsgrund, zumal unsere Quote sehr angemessen ist.“ Daneben will sich die Stadt auch selbst noch stärker beim Kampf gegen den Wohnungsmangel engagieren. Setzer kündigt an, dass das Tochterunternehmen Städtische Wohnbau mit regelmäßigen Kapitalspritzen gestärkt werden soll, damit es weitere Sozialwohnungen in Backnang bauen kann.

Von den Teilnehmern der Umfrage wird das Engagement der Stadt allerdings (noch) nicht honoriert. Auf die Frage, wie sie das Engagement der Stadt Backnang bei der Schaffung von bezahlbarem Wohnraum bewerten, vergaben sie auch hier nur die Durchschnittsnote 3,4. Lediglich 17,7 Prozent der Befragten bewerten den Einsatz mit „sehr gut“ oder „gut“. Für Stefan Setzer ist das nicht verwunderlich, da die Früchte der Arbeit noch nicht reif sind. Die konjunkturelle Krise habe zudem dazu geführt, dass manches Bauprojekt später umgesetzt wird als ursprünglich geplant. Trotzdem ist der Baubürgermeister zuversichtlich, dass die nächsten Jahre spürbare Verbesserungen auf dem Wohnungsmarkt in Backnang bringen werden. „Wir brauchen nach heutigem Stand zwischen 200 und 250 zusätzliche Sozialwohnungen und ich sehe gute Chancen, dass wir diesen Bedarf auch decken können“, erklärt Setzer.

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Jüngere träumen weiter vom Eigenheim

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Neben Wohnungssuchenden mit kleinem Geldbeutel haben aber auch Familien, die einen Bauplatz suchen, in Backnang ein Problem. Denn seit dem Verkauf der letzten Grundstücke im Baugebiet Katharinenplaisir gibt es hier kein klassisches Neubaugebiet mehr. Und es stellt sich die Frage, ob die Stadt künftig überhaupt noch Bauflächen auf der grünen Wiese ausweisen sollte. Beim BKZ-Bürgerbarometer spricht sich wie schon 2019 eine knappe Mehrheit (51,5 Prozent) dagegen aus. Interessant ist hier allerdings ein Blick auf die Ergebnisse in den unterschiedlichen Altersgruppen. So fällt die Ablehnung neuer Baugebiete bei den über 65-Jährigen am höchsten aus (56,1 Prozent), während in der Altersgruppe der 25- bis 39-Jährigen lediglich 44,5 Prozent dagegen und 41,2 Prozent dafür sind (14,3 Prozent: weiß nicht).

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Der Traum vom klassischen Einfamilienhaus wird in der jüngeren Generation also weiterhin geträumt und Stefan Setzer will nicht ausschließen, dass die Stadt darauf in den nächsten Jahren noch einmal reagieren wird. Konkret geplant sind aktuell zwar nur neun Bauplätze in der Hohenheimer Straße, der Flächennutzungsplan würde aber noch weitere Bauflächen auf der Schöntaler Höhe und in Maubach ermöglichen.

„Unser Fokus liegt momentan aber auf den innerstädtischen Flächen“, erklärt der Erste Bürgermeister. Denn im Gegensatz zu anderen Städten gibt es hier in Backnang noch reichlich Entwicklungspotenzial. Zum Beispiel auf den ehemaligen Industrieflächen im Backnanger Westen, mit denen sich die Stadt bei der Internationalen Bauausstellung (IBA) 2027 präsentieren will. Ein Masterplan, wie das Gebiet eines Tages einmal aussehen könnte, wurde bereits vor drei Jahren im Rahmen eines internationalen Wettbewerbs erarbeitet.

Allerdings ist dieses Konzept vielen noch gar nicht bekannt: In der Umfrage gaben nur 44,1 Prozent an, die Pläne zu kennen, in der Backnanger Kernstadt sind es immerhin 51,4 Prozent. Stefan Setzer ist darüber aber nicht enttäuscht. Schließlich ist das Projekt noch sehr abstrakt, solange auf dem Gelände keine Baukräne stehen. Trotzdem steht die Backnanger Bevölkerung dem IBA-Projekt überwiegend positiv gegenüber. Von denen, die die Pläne kennen, sehen sie nur 11,9 Prozent kritisch. Für Setzer ein ermutigendes Signal: „Das zeigt uns, dass wir auf dem richtigen Weg sind.“

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Erstellt:
7. Mai 2024, 07:00 Uhr

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