In Weissach im Tal stehen zwei Großprojekte an

Die Gemeinde Weissach im Tal muss den Gürtel künftig wohl enger schnallen. Die Haushaltslage ist zunehmend angespannt. Der Gemeinderat wird sich verändern: Die Liste Weissacher Bürger (LWB) tritt nicht mehr an, dafür möchte die Offene Grüne Liste (OGL) in das Gremium einziehen.

Der Anbau des Feuerwehrgerätehauses ist eines der Großprojekte in der Gemeinde Weissach im Tal. Er soll knapp 4,5 Millionen Euro kosten.

© Alexander Becher

Der Anbau des Feuerwehrgerätehauses ist eines der Großprojekte in der Gemeinde Weissach im Tal. Er soll knapp 4,5 Millionen Euro kosten.

Von Melanie Maier

WEISSACH IM TAL. Für Daniel Bogner wird es die erste Kommunalwahl als Weissacher Bürgermeister sein. Der 30-Jährige sieht dem 9. Juni gelassen entgegen. „Ich bin schon irgendwo gespannt, wie sich alles

ent- wickeln wird, gleichzeitig aber auch entspannt – den ganz großen Umbruch im Gremium wird es wohl nicht geben“, meint er. Zwar trete die Liste Weissacher Bür-ger (LWB) nicht mehr an und mit der Offenen Grünen Liste (OGL) werden sicher ein paar neue Gesichter hinzukommen, prophezeit Bogner. „Aber ich kann mir gut vorstellen, dass es bei den Themenschwerpunkten der Listen große Schnittmengen gibt.“

Seit 2019 hat der Gemeinderat einige Wechsel erlebt: Markus Genter rückte Anfang 2021 für Jana Kriegel in die LWB nach. Mit ihrer Anstellung bei der Gemeinde schied die Sozialarbeiterin aus dem Gremium aus. Mittlerweile ist Gentner Mitglied der Fraktion CDU/FWV. Er wechselte, genauso wie Luciano Longobucco (ebenfalls von der LWB zur CDU/FWV), im Februar 2023. Zudem rückte im März 2023 Oliver Fiechtner für Monika Muth in die CDU/FWV nach. Ganz gleich, wie der neue Rat aussehen wird – Daniel Bogner hofft, die aus seiner Sicht sehr gute und kon-struktive Arbeit mit den Rätinnen und Räten fortzuführen. „Jeder Einzelne ist voll mit dabei“, lobt er. „Mit vier Listen ist es ein sehr vielseitiges Gremium. Unser Gemeinderat ist fachlich versiert und diskussionsfreudig. Die Sitzungen dauern deshalb auch mal länger – aber aus meiner Sicht lohnt sich das.“ Viele Großprojekte habe die Verwaltung mit dem Rat auf den Weg gebracht. „Deshalb gehe ich davon aus, dass alle im Gremium dahinterstehen“, sagt Bogner.

Zu den Meilensteinen, die auf die Gemeinde zukommen, gehören vor allem der barrierefreie Umbau des Rathauses und der neue Anbau für das Feuerwehrgerätehaus – beides Millionenprojekte. Auch das Thema Pflegeheim wird Weissach sicherlich lange beschäftigen. Dass es mit den Ausgaben nicht ewig so weitergehen kann, das ist Bogner sehr wohl bewusst. „In Zukunft“, sagt er, „werden wir uns eher auf finanziell kleinere Projekte in einem Rahmen von 100 000 bis 200 000 Euro konzentrieren müssen. Wir werden versuchen müssen, mit wenigen Mitteln viel zu erreichen.“ Dazu sollen auch Förderungen von Bund und Land beitragen.

Die Haushaltslage ist sehr angespannt, ohne Kreditaufnahme kommt die Kommune derzeit nicht aus.„Jeder Euro, den wir gerade ausgeben, tut uns weh. Jeder Euro, den wir nicht einnehmen, auch“, so Käm-merer Alexander Holz erst jüngst in einer Gemeinde-ratssitzung. Ihm machen dabei nicht nur die kommenden fünf Jahre Sorgen: „Wir werden wahrscheinlich noch länger mit einer knappen Kasse zu kämpfen haben.“ Die größeren und kleineren Herausforderungen, mit denen es jede Gemeinde zu tun hat, müssen dennoch weiter angegangen werden. Dazu gehören etwa der Breitbandausbau, der Rechtsanspruch auf Ganztagsbetreuung in Schulen ab 2026, die Unterbringung Geflüchteter, die kommunale Wärmeplanung, der Fachkräftemangel sowie die Sanierung von Straßen und Kanälen sowie der Schulen. „Wir haben einen Sanierungsstau, den wir peu à peu abarbeiten“, versichert Bogner.

Dennoch möchte er nicht nur sanieren und verwalten, sondern in der Tälesgemeinde auch etwas vo-ranbringen und gestalten. Vieles sei in den zurückliegenden Jahren auch schon erreicht beziehungsweise auf den Weg gebracht worden. „Allein in den letzten zwei Monaten sind wir gut vorangekommen“, findet der Rathauschef und verweist auf die Umgestaltung des Spielplatzes der Schule an der Weissach sowie der Außenanlagen des Kindergartens Marktplatz, zu denen die Rätinnen und Räte in der April- beziehungsweise Maisitzung ihre Zustimmung gegeben haben.

Der neue Gemeinderat soll bei einer Klausurtagung im September wichtige Themen besprechen. Auch eine Einführung ins Kommunalrecht und in die Gremiumsarbeit sind vorgesehen, sagt Daniel Bogner. Anfangs werde der neue Rat vielleicht ein paar Extrarunden drehen, vermutet er, „aber ich bin zuversichtlich, dass wir dann bald auch wieder an Fahrt aufnehmen werden“.

CDU/FWV Die Liste möchte ideologiefrei und sachorientiert handeln.

Die Liste der CDU/Freie Wählervereinigung besteht aus zwei CDU-Mitgliedern und 16 parteilosen Bewerbern. Alle acht amtierenden Gemeinderäte treten erneut zur Wahl an. Sie bilden derzeit die größte Fraktion im Weissacher Gemeinderat. Die Reihenfolge der neuen Kandidaten wurde per Los bestimmt. „Wir freuen uns, dass unsere Kandidaten große Erfahrung aus unterschiedlichsten Berufen sowie Tätigkeiten in lokalen Vereinen und Institutionen mitbringen und wir die jüngste Liste zur Wahl stellen“, teilt Gemeinderat Carl Höfer mit. Als Schwerpunkte sieht die CDU/FWV die Entschärfung von Problemstellen im Verkehr (zum Beispiel an der Kreuzung Jägerhalde) sowie den Erhalt und Ausbau des Pflegestandorts und der medizinischen Versorgung. Gestaltungsspielraum, etwa was Investitionen in das Lehrschwimmbecken betrifft, soll ohne Steuererhöhungen durch eine sinnvolle Gewerbeentwicklung geschaffen werden. Wichtig ist den Kandidaten eine ideologiefreie, sachorientierte Herangehensweise an lokale Themen mit kreativen Ideen für den ländlichen Raum.

Kandidaten und Kandidatinnen

Für die CDU/FWV kandidieren: Jörg Schaal (50), Bankkaufmann; Carl Höfer (35), Rechtsanwalt, Unidozent; Timo Hirzel (45), selbstständiger Fahrlehrer; Timo Kleeh (39), Meister im Feinwerkmechanikerhandwerk; Oliver Fiechtner (46), Versicherungsfachwirt; Luciano Longobucco (45), Bildungswissenschaftler; Markus Gentner (47), Sozialpädagoge Jugendgerichtshilfe; Günter Sanzenbacher (72), Gärtnermeister; Cengiz Odabasi (35), selbstständiger Gastronom; Alexander Grummet (22), Industriemechaniker; Sven Gürtler (50), selbstständiger Rechtsanwalt; Andreas Gruber (46), Geschäftsführer; Marion Gstalter (44), Floristin; Benjamin Wich (39), Bezirksschornsteinfegermeister, Energieberater; Markus Muth (31), Projektingenieur; Nadine Ziegler (29), selbstständige Physiotherapeutin; Markus Grammel (44), selbstständiger Versicherungskaufmann; Tim Kreher (30), Ingenieur, Geschäftsführer.

UBL: Der Erhalt des Pflegeheims ist ihnen besonders wichtig.

Die Unabhängige Bürgerliste Weissach im Tal (UBL) ist momentan zweitgrößte Fraktion im Gemeinderat. Alle fünf Räte stellen sich wieder zur Wahl. Die Liste ist bunt gemischt: Vom Studenten bis zum Rentner, von der Pflegefachkraft bis zum Selbstständigen kandidieren Jüngere und Erfahrene. Die UBL erhebt den Anspruch, sich an den Aufgaben in der Gemeinde und nicht an Parteiprogrammen zu orientieren. Sie sieht sich als unabhängig, bürgernah und liberal. Ihre Ziele und Themenschwerpunkte: der Wasser- und Hochwasserschutz, die attraktive Gestaltung des Unterweissacher Ortskerns sowie die Weiterentwicklung aller Ortsteile, der Erhalt der Streuobstwiesen, die Beseitigung des Sanierungsstaus, die Förderung der Jugendarbeit und des Ehrenamts – und das alles unter dem Vorbehalt einer soliden Finanzpolitik. Besonders wichtig ist der UBL der Erhalt des bestehenden Pflegeheims, um eine bezahlbare Pflege vor Ort gewährleisten zu können, sowie das Ja zu Fotovoltaikanlagen – jedoch nicht auf landwirtschaftlichen Flächen, betont Fraktionssprecher Wilhelm König. Und: „Bei allen Entscheidungen sollen die Bürgerinnen und Bürger frühzeitig in die Prozesse eingebunden werden.“

Kandidaten und Kandidatinnen

Für die UBL kandidieren: Wilhelm König (72), Elektrotechniker; Holger Kugler (46), Betriebswirt, Geschäftsführer; Thomas Heller (59), Landwirt; Heike Oesterle (43), Restaurantfachfrau; Josef Konrad (60), Zimmerermeister; Tobias Schmetzer (40), Nachrichtentechniker; Hans Bohn (67), Finanzbeamter i. R.; Daniel Harter (42), stellvertretender Abteilungsleiter; Annika Seke (39), Pflegefachkraft; Florian Trenz (36), Projektmanager; Martina Tamara Kaiser (56), Industrie-

Weitere Themen

kauffrau; Michael Georg Kübler (47), Maschinenbauingenieur; Simon Strohmaier (33), Kälteanlagenbauermeister; Jan-Valerius Figel (25), Student; Ralf Peter Haisch (56), Geschäftsführer; Thomas Beck (69), Polizeihauptkommissar i. R.; Daniel Kühn (44), Amtsrat; Heinz Blessing (77), Feinwerktechnikingenieur.

SPD: Sie wollen Freibier und Tempo 40 statt Politfloskeln.

Die SPD-Liste für die Wahl zum Weissacher Gemeinderat verändert ihr Gesicht. Die langjährige Gemeinderätin und Fraktionsvorsitzende Irmgard Hestler (72) wird nicht mehr antreten. Sie war 35 Jahre lang Mitglied des Gremiums, hat drei Bürgermeister erlebt und zieht sich jetzt mit einem gehörigen Schuss Wehmut zurück. Auch Gemeinderat Ralf Noack wird sich nach zehnjähriger Mitarbeit aus dem Gremium verabschieden. Trotz politischen Gegenwinds sind elf Mitglieder und sieben Parteiunabhängige unterschiedlichen Alters und aus verschiedenen Bereichen bereit, auf einer offenen SPD-Liste für den Gemeinderat zu kandidieren. Das Programm ist bei regelmäßigen „Politischen“ in der Alten Schmiede mit breiter Bürgerbeteiligung erarbeitet und auf Bierdeckeln festgehalten worden. Ganz ohne die üblichen Politfloskeln. Stattdessen steht da was von Freibier fürs Ehrenamt, einer lebendigen Ortsmitte, Geschirrhütten für Streuobstwiesen, Tempo 40, schwäbischen Hausfrauen (so sollte die Gemeinde der SPD zufolge haushalten), Pflegepersonalwohnungen und einem interkommunalen Schwimmlernzentrum im maroden Lehrschwimmbecken.

Kandidaten und Kandidatinnen

Für die SPD kandidieren: Dietmar Schönberger (57), selbstständiger Garten- und Landschaftsbauer; Sebastian Bauer (41), Rettungssanitäter; Marlene Heitkämper (19), Studentin; Jan Hutzenlaub (33), Landschaftsplaner; Daniel Leibold (41), Vertriebsingenieur; Elvira Stampfl-Oppl (56), Bankangestellte; Hans-Uwe Schilling (71), Oberstudienrat i. R.; Hannes Lohrmann (42), Ingenieur; Marlene Uitz-Frey (68), Bankkaufrau; Lukas Wildermuth (31), Geschäftsführer; Marco Lösch (41), Wirtschaftsingenieur; Renate Flik (71), Realschullehrerin i. R.; Uwe Grünitz (68), Energieelektroniker und Rentner; Andreas Wahl (31), Maschinenbauingenieur; Jens Leiensetter (36), Schreiner; Hilmar Schmidt (60), Betriebswirt; Alfred Herold (70), Realschullehrer i. R.; Anneliese Senss (77), Rentnerin.

OGL: Die einzige Liste, bei der mehr Frauen als Männer antreten.

Mit berufserfahrenen Personen aus unterschiedlichen Alters- und Berufsgruppen möchte die Offene Grüne Liste (OGL) frischen Wind in den Weissacher Gemeinderat bringen. Sie will den hohen Flächenverbrauch stoppen und eine zweckgerichtete Nutzung innerörtlicher Flächen fördern. Dabei legen die Mitglieder besonderen Wert auf die Schaffung von bezahlbarem Wohnraum. Sie möchten den ländlichen Charakter der Ortsteile erhalten und den ständig zunehmenden Verkehr auf den Straßen eindämmen. Die Verhältnisse auf der Welzheimer und der Stuttgarter Straße können aus ihrer Sicht nicht so bleiben. Durch das Bürgerbegehren zur Rettung der Talaue und ihren Einsatz für den Erhalt des Seniorenwohnheims hat sich die OGL bereits in der Öffentlichkeit bemerkbar gemacht. Als neue, parteiunabhängige Wählervereinigung möchte sie wieder mehr Bewegung in den örtlichen Klimaschutz und die Gewinnung regenerativer Energien bringen. Weitere wichtige Themen sind eine faire und sparsame Haushaltspolitik, Erhalt und Weiterentwicklung der Jugendarbeit und eine an den Bedürfnissen orientierte, bezahlbare Altenhilfe.

Kandidaten und Kandidatinnen

Für die OGL kandidieren: Barbara Malburg-Graf (60), Geografin, Moderatorin für Regionalentwicklung; Reinhard Knüdeler (70), Kaufmann, Steuerberater; Rosemarie Auer (66), Personalkauffrau; Dominik Pethö (54), Realschullehrer; Manfred Müller (59), Bankkaufmann; Marianne Pilz (56), Betriebswirtin; Daniel Krautter (31), Jurastudent; Petra Hoffmann (57), Bankfachwirtin; Martin Pilz (54), Physiker; Naomi Mambo (41), Sozialpädagogin; Anton Heiser (67), Rentner; Bernhard Kufahl-Kriegel (75), Steuerberater; Claudia Gollor-Knüdeler (67), Grafikdesignerin; Margarita Billardt (71), Lehrerin i. R.; Katharina Höfliger (61), Physiotherapeutin; Anna-Maria Trösch (44), Notfallsanitäterin; Gerald Graf (65), Ingenieur, Kartograf; Dorothea Seifert (63), Hausfrau.

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Erstellt:
6. Juni 2024, 21:50 Uhr

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